Fußball Trainer Rachid Sraizi hat seine China-Mission erfüllt

Straelen · Nur neun Spiele lang saß Fußball-Trainer Rachid Sraizi auf der Bank des SV Straelen, hat aber bleibenden Eindruck hinterlassen. Nach seiner Tätigkeit als Talentförderer an einer Eliteschule in China sucht er eine neue Herausforderung.

 Rachid Sraizi durfte mit seinen Jungs von der Eliteschule in der Metropole Zhengzhou den einen oder anderen Pokalsieg feiern.

Rachid Sraizi durfte mit seinen Jungs von der Eliteschule in der Metropole Zhengzhou den einen oder anderen Pokalsieg feiern.

Foto: Rachid Sraizi

Drei Trainer in einer Meister-Saison. Das schafft nur ein Verein, in dem es nie langweilig wird. Der SV Straelen gehört dazu. Die Rede ist von der Spielzeit 2017/’18, die wegen verschiedener Ereignisse einen festen Platz in der Chronik des Clubs von der Römerstraße hat.

Der Reihe nach. Die Grün-Gelben hatten im Frühjahr 2017 den Aufstieg in die Fußball-Oberliga perfekt gemacht, als sich Trainer Stephan Houben, der wenig später wieder als Sportlicher Leiter zurückkehren sollte, aus persönlichen Gründen verabschiedete. Präsident Hermann Tecklenburg startete die Suche nach einem Nachfolger. Und wurde kurze Zeit später in den Niederlanden fündig. Ein gewisser Rachid Sraizi sollte die Grün-Gelben auf Erfolgskurs halten.

 Rachid Szraizi mit seinen Co-Trainern Khaled Daftari und Stefan Post (v.r.) in der Saison 2017/18, die mit dem Straelener Regionalliga-Aufstieg endete.

Rachid Szraizi mit seinen Co-Trainern Khaled Daftari und Stefan Post (v.r.) in der Saison 2017/18, die mit dem Straelener Regionalliga-Aufstieg endete.

Foto: Gerhard Seybert

Der damals 44-jährige Niederländer, der zuvor als Co-Trainer des Profi-Clubs Fortuna Sittard gearbeitet hatte und im Nachbarland den Ruf als ausgezeichneter Talentförderer genoss, erhielt den Zuschlag. Tecklenburg hatte seinerzeit die Qual der Wahl – innerhalb kurzer Zeit waren rund 40 Bewerbungsschreiben für den begehrten Posten auf der Straelener Trainerbank im Büro des Bauunternehmers gelandet.

 Das Interesse am Fußball ist in China riesig. Talentförderer Rachid Sraizi war während seines Engagements ein begehrter Interviewpartner.

Das Interesse am Fußball ist in China riesig. Talentförderer Rachid Sraizi war während seines Engagements ein begehrter Interviewpartner.

Foto: Rachid Sraizi

Der Präsident sollte seine Entscheidung nicht bereuen. Noch heute schwärmen viele Spieler, Anhänger und Menschen aus dem Umfeld des SV Straelen, sobald der Name Rachid Sraizi fällt. Und das, obwohl sein Gastspiel an der Römerstraße gerade einmal neun Meisterschaftsspiele dauern sollte. Der neue Trainer hatte im Sommer 2017 nämlich ganz vergessen, dass er viele Monate zuvor auch schon einmal seinen Lebenslauf auf eine sehr weite Reise geschickt hatte. Genau gesagt in Richtung China, das zu jener Zeit den Plan startete, sich mit Unterstützung aus Europa zu einer Fußball-Weltmacht zu entwickeln.

Rachid Sraizi hatte gerade erst mit seiner Mannschaft die Vorbereitung absolviert und das Auftaktspiel gegen die SSVg. Velbert 2:0 gewonnen, als Post aus dem Reich der Mitte eintraf. Mit der Zusage, ab Oktober eine Jugendfußball-Akademie in der 13 Millionen Einwohner zählenden Metropole Zhengzhou leiten zu können. Sraizi informierte Hermann Tecklenburg sofort über die einmalige Chance, die sich ihm aus heiterem Himmel geboten hatte. Der Präsident war zwar nicht gerade begeistert. Aber der erfolgreiche Unternehmer legt Menschen keine Steine in den Weg, denen sich die Tür zu einem Karriereschritt öffnet. Und so verabschiedete sich der Niederländer bereits am neunten Spieltag wieder aus Straelen – mit einer 0:1-Niederlage gegen den VfB Hilden. Bis heute hat Sraizi bleibenden Eindruck hinterlassen, weil die Grün-Gelben selten so attraktiven Angriffsfußball spielten, wie unter seiner Regie.

„Ich hatte im Amateurfußball zuvor noch nie erlebt, dass ein Trainer in jeder Einheit so präzise auf die individuellen Stärken und Schwächen eingegangen ist. Rachid macht die Spieler ganz einfach besser. Jeder einzelne wusste auf dem Platz ganz genau, welche Aufgabe er zu erfüllen hat. Er hat eindeutig den Grundstein zum späteren Aufstieg in die Regionalliga gelegt“, sagt sein ehemaliger Co-Trainer Khaled Daftari, inzwischen Sportlicher Leiter des Oberligisten Union Nettetal.

Auch der damalige Teammanager Kato Sürün kann sich noch gut an das kurze Gastspiel erinnern: „Rachid hat damals innerhalb kürzester Zeit eine Mannschaft geformt, mit der sich die Zuschauer voll identifizieren konnten. Ich würde dem SV Straelen wünschen, dass dieser Fachmann eines Tages wieder zurückkehrt. Und dann natürlich länger bleibt.“ Im Oktober hat der mittlerweile 49-jährige Niederländer seine mit Pandemie-Unterbrechung dreijährige Tätigkeit als Fußball-Entwicklungshelfer beendet. An der Eliteschule in Zhengzhou bildete Sraizi viele Talente im Teenager-Alter aus, feierte mit seiner Schulmannschaft Turniersiege und war auch im chinesischen Fernsehen ein gefragter Mann. „Ich habe meine Entscheidung nie bereut, nach China zu gehen. Anfangs hatte ich mit der Mentalität zu kämpfen. Die Kinder wachsen dort so auf, dass sie klare Anweisungen befolgen wollen. Sie mussten sich daran gewöhnen, dass ich ihnen Freiheiten lassen. Denn nur kreative Spieler, die auf dem Platz selbstständige Entscheidungen treffen, können sich zu guten Fußballern entwickeln“, sagt Sraizi.

Im Reich der Mitte leistete der Niederländer im Laufe der Zeit erfolgreich Überzeugungsarbeit. So konnte er auch einheimische Trainerkollegen für seine für asiatische Verhältnisse ungewohnte Fußball-Philosophie begeistern. Und der eine oder andere Nachwuchskicker, den Sraizi begleitet hat, darf sich inzwischen berechtigte Hoffnungen auf eine Laufbahn in Europa machen. „Einige richtig gute Jungs sind bei einem portugiesischen Zweitligisten gelandet. Sie schreiben mir regelmäßig, wenn sie dort gespielt haben“, sagt Sraizi.

Während eines Heimaturlaubs besuchte er im vergangenen Jahr ein Spiel des SV Straelen gegen Rot-Weiß Oberhausen. „Spätestens da habe ich gemerkt, dass mir etwas fehlt. Ich möchte wieder mit einer Mannschaft zusammenarbeiten und den Reiz einer richtigen Meisterschaftssaison spüren“, so Sraizi, der das sportliche Geschehen in Deutschland immer ganz genau verfolgt hat. „Wenn sich ein ambitionierter Verein aus der Ober- oder Regionalliga meldet, bin ich sofort gesprächsbereit.“

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