Wassersport Die Segelsport-Variante für Landratten

Geldern · Am Gelderner Heidesee lassen regelmäßig begeisterte Skipper ihre ferngesteuerten Boote zu Wasser. Die WSG Gelderland richtete jetzt erneut eine Regatta für „RC-Segler“ mit internationaler Beteiligung aus.

 Volle Konzentration auf das Geschehen auf dem Wasser: Der Gelderner Jörg Grahl ist ein Könner an der Fernsteuerung.

Volle Konzentration auf das Geschehen auf dem Wasser: Der Gelderner Jörg Grahl ist ein Könner an der Fernsteuerung.

Foto: Heinz Spütz

Unmittelbar vor dem Start. Der Sprecher zählt die Sekunden runter. Er wird durch einen akustischen Taktgeber unterstützt. 18 Segelyachten suchen zwischen der gelben und blauen Boje den besten Platz vor der imaginären Startlinie, um von Anfang an eine gute Windböe zu erwischen. 18 gestandene Männer stehen am Ufer. Um ihre Hälse die Fernsteuerung. Ihre Blicke starr auf die eigenen Boote gerichtet. Die Adrenalin-Speicher schwappen über. Es geht los, die Yachten steuern die erste Wendeboje an. „Nummer zwölf Frühstart“, ruft der Schiedsrichter. Der Skipper muss mit seinem Schiff eine Runde um die eigene Achse drehen – bei wenig Wind kann so eine „Ehrenrunde“ die ganze Fahrt vermasseln.

Die Wassersportgemeinschaft (WSG) Gelderland hatte am Wochenende zur internationalen Ranglistenregatta der M-Klasse für RC-Segler und gleichzeitigen NRW-Landesmeisterschaft auf ihrem Clubgelände, dem Welbers-See in der Hartefelder Heide, eingeladen. RC steht für „Radio Control“, also Fernsteuerung per Funk. „Es handelt sich hier um eine Schwerpunkt-Regatta“, erläutert Dieter Junker, Vorstandsmitglied der Deutschen Klassenvereinigung RC-Segeln. „Hier können mehr Ranglistenpunkte als bei „normalen“ Regatten gewonnen werden, um sich später für Europa- oder Weltmeisterschaften zu qualifizieren.“

Es wird eng an der ersten Boje. Mehrere Yachten erreichen die Markierung fast gleichzeitig. Jeder will seinen guten Platz behaupten. „Nummer 121 – Tonnenberührung“, brüllt der Schiedsrichter. „Dat kan niet“, beschwert sich der niederländische Skipper. „Die Nummer 14 war nog da tussen.“ Der Protest wird abgeschmettert, der Skipper muss eine Strafrunde drehen, das Rennen geht weiter. Langeweile kommt nicht auf, weder auf dem Wasser noch am Ufer des Heidesees. Wie so oft an diesem Regatta-Wochenende hat Guillaume Florent die Nase vorn. Der Franzose blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Segler mit mehreren Teilnahmen bei Olympischen Spielen und dem Gewinn einer Bronze-Medaille in der Finn Dinghy-Bootsklasse zurück.

So wie der Franzose haben die meisten Starter zunächst Erfahrungen mit „richtigen“ Segelbooten gesammelt, um später die Fernsteuerung am Ufer in die Hand zu nehmen. „Die Regeln sind gleich, Rigg und Segel müssen getrimmt werden, wie bei den großen Booten“, erklärt Heinz Bohn von der WSG Geldern. „Nur müssen wir nicht mehr auf den Booten sitzen.“

Worauf es bei einer erfolgreichen RC-Segel-Regatta ankommt, erklärt der WM-Teilnehmer in dieser RC-Klasse, Jörg Grahl. 70 Prozent hängen demnach von einem guten Start ab, um schnell freien Wind zu haben. Segelerfahrung ist nützlich, um die Segel bei wechselnden Windverhältnissen richtig stellen zu können. Dann sollte man den Wind aufgrund der Kräuselung auf dem Wasser und mit Hilfe des Windfähnchens richtig lesen können und, was ganz wichtig ist: Antizipieren. ahnen, was in den nächsten Sekunden auf dem Wasser passiert. „Und zehn Prozent Glück gehören auf jeden Fall dazu“, gibt der Gelderner ehrlich zu.

RC-Segler sind Hightech-Schiffe im Kleinformat. Keine Schiffsmodelle, sondern ausgereifte Sportgeräte, schnell und wendig mit Bootskörpern aus Carbon. Etwa fünf Kilogramm wiegen die gut einen Meter langen und knapp zwei Meter (ohne Schwert) hohen Yachten. Um die 2800 Euro darf man dafür schon mal gerne auf die Ladentheke legen. Gute gebrauchte Boote gibt es bereits für weit unter 1000 Euro – für Einsteiger.

Die Skipper dirigieren über zwei Kreuzknüppel funkgesteuert das Ruder im Heck und die Segelwinde ihrer Yachten, öffnen und schließen so die Segel, wie Wind, Welle, Kurs und Taktik es erfordern. Dabei lassen sie ihr Schiff und die Konkurrenz nicht aus den Augen. Sie sind in ihrer eigenen Welt – absolut fokussiert. So fokussiert, dass ein Skipper, wie bei dieser Regatta geschehen, gegen eine Bank läuft, fast fällt und dadurch die Kontrolle über das Boot und die Führung im Rennen verliert.

Drei RC-Segler der WSG Gelderland zeigten auf dem heimischen See ihr Können: Heinz Bohn, Jörg Grahl und Rainer Waters. Den Titel des Landesmeisters holte sich Klaus-Peter Schmidt aus Monheim, erfolgreichster Regatta-Teilnehmer war an diesem Wochenende Guillaume Florent.

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