Denn sie brauchen jede Krücke. . .

Mit Flugblättern, Fragebogen und witzigen Mannschaftsfotos werben die Altherren-Fußballer des TSV Nieukerk kreativ um neue Spieler. Das ganze Dorf soll mithelfen auf der Suche nach jungen Talenten, "möglichst sogar noch unter 50 Jahren", wie das Team in ihrem Hilferuf mitteilt.

 Qualitätscheck: So lustig testet der TSV seine potenziellen Zugänge.

Qualitätscheck: So lustig testet der TSV seine potenziellen Zugänge.

Foto: Venn, J.

Sehen Sie diese leidgeplagten Mienen? Das Mannschaftsfoto der Altherren des TSV Nieukerk gibt ein Bild des Jammers ab. Michael Diepers stützt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf seinen Krücken ab. Gleich daneben krümmt sich Norbert Käfer, der Neuntjüngste auf diesem Foto. Er kneift die Augen zusammen, weil er nur noch auf einem Bein hinken kann. Beide Beine benutzen? Keine Chance. Sönke Giehl, der zweite von rechts unten, ist auf die Zurufe seiner Kollegen angewiesen, weil er wegen einer Halskrause gar nicht sieht, ob er den Ball am Fuß hat oder nicht. Und über den körperlichen Zustand von Torhüter Dieter Pütz schließlich braucht man gar keine Worte zu verlieren. Ein Bild des Jammers, mit dem das Team neue Spieler gewinnen möchte.

 Es fehlen noch ein paar. .

Es fehlen noch ein paar. .

Foto: TSV Nieukerk

"Wir brauchen jede Krücke", lautet der Aufruf der Altherren-PR-Kampagne des Jahres. Die Idee für das ungewöhnliche Foto entstand im Kreise der Mannschaft. "Bringt alles mit, was ihr an orthopädischen Hilfsmaterialien so auftreiben könnt", lautete der Appell. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – und ist angesichts des tatsächlichen personellen Notstands der Altherrenmannschaft keine Überraschung. "Unsere Verletztenliste ist länger als die Bundesligatabelle", sagt Giehl, Spieler und Sprecher der Mannschaft und des Vereins.

 Das (gestelltes!) Bild, das ein ganzes Dorf rührt: (leidend von links hinten nach rechts unten) Michael Diepers, Norbert Käfer, Christian Bree, Ralf Rau, Christian Wefers, Rainer Schneiders (liegend), Dieter Pütz, Sönke Giehl und Markus Mertens werben um neue Mitspieler.

Das (gestelltes!) Bild, das ein ganzes Dorf rührt: (leidend von links hinten nach rechts unten) Michael Diepers, Norbert Käfer, Christian Bree, Ralf Rau, Christian Wefers, Rainer Schneiders (liegend), Dieter Pütz, Sönke Giehl und Markus Mertens werben um neue Mitspieler.

Foto: tsv nieukerk

Ein Aufruf, der zumindest schon erfolgreich auf die Tränendrüsen (und Lachdrüsen) gedrückt hat: Ein ganzes Dorf ist gerührt von dieser Truppe, die zuletzt wegen ihrer vielen Verletzten einige Spiele absagen musste. "Wir werden überall erkannt und auf unser Foto angesprochen", erzählt Diepers. Kein Wunder, schließlich bekommt in diesen Tagen fast jeder Nieukerker ein eigens entworfenes Flugblatt in die Hand gedrückt – inklusive Tauglichkeits-Test (siehe oben rechts).

Das erste Ziel, nämlich Mitgefühl, ist erreicht. Nun hoffen die Altherren, auch neue Kameraden für die anstehende Saison zu gewinnen. "Wir haben zwar ein großes Aufgebot, aber einige können meistens aus verschiedenen Gründen nicht mitspielen", erklärt Diepers.

Möglichen Zugängen nimmt die Mannschaft jegliche Angst. "In unseren Spielen wollen wir natürlich gewinnen, sind aber nicht allzu verbissen – der Spaß steht im Vordergrund", sagt Käfer, der hinzufügt: "Und jeder kommt zum Einsatz – durchspielen schafft bei uns sowieso fast keiner." Neben dem Spielbetrieb (in der Regel samstags um 16 Uhr) trifft sich die Mannschaft an jedem Donnerstag um 19.30 Uhr zum Training. "Da spielen wir dann wie früher auf dem Schulhof", sagt Käfer. "Das hält schließlich jung!" Außerdem gibt es pro Jahr vier bis fünf "Kulturveranstaltungen".

Von einer "Thekenmannschaft" sind die Nieukerker trotzdem weit entfernt, darauf legen sie großen Wert. Die Mannschaft will einfach spielen – und dafür kann sie jede Krücke brauchen.

(RP)
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