Leichtathletik „Bin gesprungen, was ich konnte“

Kathrin van Bühren erwies sich als Minimalistin. Im Weitsprung reichten ihr zwei gültige Sprünge, um mit 6,30 Metern auf dem zweiten Platz zu landen. Der Wettbewerb stand unter dem Eindruck der schweren Verletzung von Bianca Kappler, die sich die Achillessehne riss.

Zwiespältige Gefühle begleiteten Kathrin van Bühren und ihre Kolleginnen, als sie in den Innenraum des Nürnberger Frankenstadions geführt wurden. Die letzten Schritte vom Callroom bis zur Weitsprunganlage, die in Nürnberg unterhalb der Haupttribüne liegt, gehören gewöhnlich der Konzentration auf den nahenden Wettkampf.

Doch gestern war es anders. Auf dem Weg zur Sammelstelle erfuhren die Athletinnen, dass sich die große Favoritin und bereits für Olympia qualifizierte Bianca Kappler wenige Augenblicke zuvor schwer verletzt hatte. Der 30-jährigen Weltklassespringerin von der LC asics Rehlingen, die sich nach der Geburt ihrer Tochter stärker denn je in den Wettkampfsport zurückgemeldet hatte und mit den Ende Mai gesprungenen 6,73 Metern souverän die deutsche Jahresbestenliste anführt, war während des Aufwärmens bei Steigerungsläufen die Achillessehne gerissen.

"Das war für uns alle ein Schock. Für mich besonders, weil ich mich mit Bianca sehr gut verstehe und wir häufig miteinander telefonieren", sagte Kathrin van Bühren.

Wechselnde Winde

Einen Durchgang lang hat es gedauert, bis die Weitspringerin des Kevelaerer SV das betrübliche Missgeschick ihrer Kollegin verdrängt hatte und wieder bei sich und mittendrin in der von wechselnden Winden begleiteten Weitsprung-Entscheidung war. Ein Wettbewerb, der wegen der schwierigen Bedingungen zu einem Nervenspiel wurde. Bei dem es sehr schnell nicht mehr um die Bestätigung einer Meldeleistung ging, sondern nur noch darum, überhaupt einen gültigen Versuch übers Brett zu bringen. Nach zwei Durchgängen und fast 40 Sprüngen hatte noch nicht einmal die Hälfte der Versuche die weiße Fahne des Kampfrichters gesehen.

Auch Kathrin van Bühren hatte zwei Negativerlebnisse. Ein Quäntchen nur habe dabei der Fuß seiner Athletin jeweils die Plastillinmasse berührt, meinte Trainer Ludwig Klaassen, der auf der Tribüne mitfieberte und dabei im Eiltempo alterte. Doch im entscheidenden Sprung des aus drei Versuchen bestehenden Vorkampfes hellte sich sein Gesicht auf. Van Bühren flog auf 6,17 Meter und qualifizierte sich für den Endkampf.

Doch auch hier erwies sich Kathrin van Bühren als nervenstarke Minimalistin. Sie brachte nur noch einen gültigen Versuch zustande. Dieser aber reichte, um sich auf 6,30 Meter zu steigern. Hinter Sophie Krauel (TuS Jena), die eine Bestweite von 6,40 Metern sprang, und vor einem Verfolgerfeld aus fünf Springerinnen zwischen 6,28 und 6,21 Metern, belegte die Athletin des Kevelaerer SV den zweiten Platz und gewann überraschend Silber.

Zur großen Freude von Franz-Josef Probst, Abteilungsleiter des Kevelaerer SV und Präsident des Leichtathletikverbandes Nordrhein. "Das hat sie wirklich gut gemacht", jubelte Probst. An der Seite von Günther Beckstein, Ministerpräsident des Freistaates Bayern, ließ es sich Probst später nicht nehmen, die Siegerehrung durchzuführen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort