Geldern Reizgas löst in Geldern Chemie-Alarm aus

Geldern · Mann versprüht "Hunde-Abwehrspray" in einem Mehrfamilienhaus. Großer Feuerwehr- und Polizeieinsatz, Evakuierung in der Nacht, Rettungskräfte im Krankenhaus, Sachverständige im Einsatz.

 Feuerwehrleute unternehmen mit Atemschutz und Testgeräten Messungen im Gebäude.

Feuerwehrleute unternehmen mit Atemschutz und Testgeräten Messungen im Gebäude.

Foto: gerhard seybert

Der "Chemie-Alarm" in einem Sieben-Parteien-Haus an der Straße "An der Insel" ereignete sich am späten Mittwochabend. Gegen 22 Uhr kam ein Mieter nach Hause, ein paar Minuten später war alles in heller Aufregung. "Er ist durchs Haus gelaufen und hat gerufen: ,Raus, raus, raus'", erzählte Heinz Spütz, einer der Bewohner, gestern Morgen von den Vorgängen in der Nacht. "Ich habe nur so was verstanden wie: ,Hier brennt es' und: ,Hier ist alles voller Qualm'."

Gleich darauf waren Polizei und Feuerwehr mit mehr als 20 Leuten vor Ort. Alle elf Bewohner - zehn Erwachsene und ein Kleinkind - mussten sofort raus aus der Immobilie und durften auch nicht mehr zurück. Der erste Verdacht: Es könnte Gas ausgetreten sein. "Das Haus hat auch einen Gasanschluss", erklärt Reiner Gilles von der Gelderner Feuerwehr. Rasch stand allerdings fest, dass Gas nicht nachweisbar war.

Dafür bemerkten die Einsatzkräfte aber sofort den merkwürdigen, beißenden Geruch, der in der Luft lag und im Obergeschoss am stärksten war: "Ähnlich wie Heu", verglichen sie ihn. Rasch klagten mehrere von ihnen über Atembeschwerden.

Noch in der Nacht wurden vier Feuerwehrleute deshalb ambulant in Krankenhäusern behandelt. Drei Polizeibeamte mussten sogar vorsorglich bis zum Morgen im Krankenhaus bleiben.

Unter Vorsichtsmaßnahmen nahmen die Einsatzkräfte weitere Messungen vor, die ergebnislos blieben. Spekuliert wurde mal über Lösungsmittel, mal über irgendwelche möglichen Chemie-Experimente auf dem Speicher des Hauses - doch die Quelle des Geruchs wurde nicht gefunden. "Wir wussten nicht, welcher Stoff da freigeworden ist", so Gilles. "Und wenn man einen Stoff hat, den man nicht bestimmen kann, muss man die sicherste Lösung wählen: Alle raus, und wir machen das Haus zu."

Die Konsequenz: Ordnungs- und Gesundheitsamt wurden verständigt, Spezialisten für weitere Tests angefordert, und die Mieter mussten sich für die Nacht eine Unterkunft suchen. "Nur mit Gasmasken durften wir noch mal kurz in die Wohnung, um das Nötigste rauszuholen", berichtet Mieter Heinz Spütz. Er selbst verbrachte eine unbequeme Nacht im Auto, andere kamen bei Verwandten unter.

Gegen 13 Uhr gestern Mittag war schließlich ein Sachverständiger da, der das Haus mit Atemschutzgerät betrat und das Treppenhaus mit Spezialmessgeräten untersuchte. Er stellte fest, dass die Quelle des Geruchs irgendwo in der zweiten Etage sein müsste - und dass die Schadstoffkonzentration in der Luft mitlerweile mit einem "Zuckerwürfel im Bodensee" zu vergleichen sei. Um 14 Uhr gab das Ordnungsamt das Haus daraufhin wieder frei, und die Mieter durften zurück in ihre Wohnungen.

Unterdessen offenbarte sich der 28-Jährige, der für die Aufregung verantwortlich war, der Polizei. Dem Vernehmen nach erklärte er den Ermittlern, dass er vor dem Schlafengehen eine Dose Hunde-Abwehrspray in seiner Toilette "leergeschossen" habe, um es zu entsorgen. Die Polizei teilte aber am Nachmittag mit, es sei noch zu klären, ob der Mann das Spray lediglich "nicht sachgerecht entsorgt oder sogar absichtlich im Hausflur versprüht" habe. "Dahingehend sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen."

(szf)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort