Was ist „ortsüblich“ in Nieukerk? Rat entscheidet über umstrittenen Neubau

Nieukerk · Anwohner in Nieukerk bekräftigen in einem Brief an die Fraktionen ihre massive Kritik an den Plänen. Sechsfamilienhaus mit Staffelgeschoss sei keineswegs „ortsüblich“. Abstimmungsverhalten der CDU wird den Ausschlag geben.

 Dieses Grundstück an der Straelener Straße in Nieukerk soll bebaut werden.

Dieses Grundstück an der Straelener Straße in Nieukerk soll bebaut werden.

Foto: Dirk Möwius

Nach ihrem Teilerfolg im Planungsausschuss appellieren die Anlieger von Am Haus Asselt, Meisenweg, Postweg und Amselweg nun vor der entscheidenden Ratssitzung am Mittwoch noch einmal an die Fraktionen. In einem offenen Brief machen sie auch ihren Unmut über den bisherigen Umgang mit den vorgebrachten Bedenken deutlich. Ralf Schmidt: „Mit Unterschriftenlisten, Stellungnahmen und zahlreichen fundierten Argumenten haben wir versucht, unserer Ablehnung Gehör zu verschaffen. Wir sind einvernehmlich der Meinung, dass das anstehende Bauvorhaben, entgegen den Behauptungen der Verwaltung, nicht ortsüblich ist und sich in keiner Weise in unser Wohngebiet einfügt.“

Unter dem Stichwort „Bebauungsplan Kerken-Nieukerk Nr. 5 – 4. Änderung“ geht es um ein geplantes Neubauprojekt an der Straelener Straße. Zwei Sechsfamilienhäuser sollen dort entstehen. Statt eines Schrägdachs soll ein Staffelgeschoss gebaut werden. Gerade dieses Detail steht besonders in der Kritik, weil es so einen „Rundumblick“ auf die angrenzende Einfamilienhausbebauung geben könnte. Im Rahmen des Verfahrens reagierte der Investor bereits und will nun mehr Parkplätze als zunächst geplant bauen. Die Verwaltung macht sich für das Vorhaben stark. Bürgermeister Dirk Möcking schreibt in der Vorlage zur Ratssitzung: „Sowohl die Ergebnisse der Wohnungsmarktanalyse der Gemeinde Kerken aus 2013 als auch die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass in unserem Gemeindegebiet ein großer Bedarf an zusätzlichen Miet- und Eigentumswohnungen besteht“. Die SPD hat sich in einem Antrag gegen die Änderung des Planungsrechts ausgesprochen. Das „nachbarschaftliche Rücksichtnahmegebot“ werde völlig außer Acht gelassen, die Privatsphäre der angrenzenden Häuser werde aufgehoben, so der Fraktionsvorsitzende der SPD, Uwe Priefert. Auch die BVK lehnte im Ausschuss die Änderung des Bebauungsplans ab. In der CDU-Fraktion, die mehrheitlich hinter dem Änderungsvorschlag steht, gab es zwei Enthaltungen, so dass der Vorschlag abgelehnt wurde.

Den Anwohnern ist das „Generalargument seitens der Verwaltung“, man müsse Wohnraum schaffen, zu wenig. Es werde einem „einzelnen, ortsfremden Investor gestattet, einen existierenden, gründlich durchdachten Bebauungsplan nach renditeorientierten Vorstellungen auf sehr negative Art und Weise abzuändern.“ Der gültige Bebauungsplan, erst vor wenigen Jahren verabschiedet, berücksichtige „auf vorbildhafte Weise seine Umgebung und nimmt Rücksicht auf die vorhandene Bebauung“. Die Kerkener Bürger würden eine „überdimensionierte Kasten- und Klotzbauweise sowie Staffelgeschosse“ mehrheitlich ablehnen. Dahinter steckt auch die Befürchtung, dass dort später noch weitere ähnliche Häuser gebaut werden. In dem Brief heißt es abschließend: „Wir empfinden es als sehr widersprüchlich, viel Geld für ein Integriertes Handlungskonzept im Ortskern auszugeben, gleichzeitig die positive Erhaltung unseres Wohngebietes zu vernachlässigen und die sorgsame Arbeit eines Stadtplaners ohne Not zunichte zu machen, um einem einzigen Bauherrn alle Wünsche kritiklos zu erfüllen.“ Die Ablehnung aller Einwände, die fehlende Kompromissbereitschaft sowie die einseitige Unterstützung eines Investors seitens der Gemeinde, des Bürgermeisters und Teilen der CDU-Fraktion habe alle sehr enttäuscht. Man bittet die Ratsmitglieder, die Bebauungsplanänderung abzulehnen und mit den Anwohnern an einem tragbaren Kompromiss zu arbeiten, „anstatt ausschließlich die Forderungen des Investors zu befriedigen“.

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