Portalpraxen im Kreis Kleve Notfallpraxen: Krankenkassen in der Pflicht

Kreis Kleve · Portalpraxen könnten Krankenhäuser entlasten, doch die gibt es im Kreis Kleve noch nicht. Es mangelt an der Finanzierung.

 Die Notaufnahme eines Krankenhauses – diese Stationen sind in der Regel überlastet. Linderung könnten sogenannte Portalpraxen schaffen.     Archiv: Hohmann

Die Notaufnahme eines Krankenhauses – diese Stationen sind in der Regel überlastet. Linderung könnten sogenannte Portalpraxen schaffen. Archiv: Hohmann

Foto: Deborah Hohmann

Es ist ein bundesweites Problem: Immer mehr Patienten suchen die Notfallambulanzen der Krankenhäuser auf. Dies ist eine große Belastung für die Kliniken, die durch sogenannte Portalpraxen gemindert werden könnte. Das heißt, die Patienten werden in Krankenhäusern über einen zentralen Empfang eingestuft und zum richtigen Behandlungsort weitergeleitet − in die Notfalldienstpraxis der niedergelassenen Ärzte, in die Notfallambulanz des Krankenhauses oder in eine ambulante Arztpraxis zu den regulären Sprechzeiten. Im Kreis Kleve gibt es ein derartiges Modell noch nicht. Wolfgang Brüninghaus, Kindermediziner aus Kleve, sieht hier vor allem die Krankenkassen in der Verantwortung.

Vor etwa 20 Jahren war er Teil des damals gegründeten kreisweiten Ärztenetzes „Clevermed“. Mit einigen Medizinerkollegen hatte er den Vorschlag entwickelt, eine an das Krankenhaus angebundene Notfallpraxis aufzubauen, um die Notfallversorgung besser zwischen ambulant und stationär zu vernetzen. „Neben den diversen organisatorischen Problemen, für die sich bei gutem Willen sicher Lösungen gefunden hätten, brauchte es zuallererst einen Geldgeber, um die Start­investitionen zu schultern“, sagt Brüninghaus. Aus Gesprächen habe sich jedoch ergeben, dass die Krankenkassen nicht bereit waren, in dieses System zu investieren. „So war das damals nicht umsetzbar, das Ärztenetz hat sich später aufgelöst“, sagt der Kinderarzt.

Auch heute noch sieht Wolfgang Brüninghaus außer den Krankenkassen „keinen anderen Investor am Horizont, der das leisten könnte“. Rund zwei Millionen Euro, schätzt der Mediziner, würde der Anbau einer solchen Praxis an ein Krankenhaus kosten. Für niedergelassene Ärzte eine zu hohe Investition, sagt er. Eine Notfallpraxis müsse so gut konzipiert und ausgestattet sein, dass die ärztliche Arbeitszeit bei etwa fünf Minuten pro Patient liege – ohne Vorbereitung, An- und Ausziehen. Müssen die Patienten doch von der Praxis ins Krankenhaus, könnten sie dort so vorbereitet werden, dass sie sofort auf die Station können, sagt Brüninghaus. „Das wäre auch eine Entlastung für die Kliniken. Das ganze System würde die Situation der Patienten wirklich verbessern.“

Die flächendeckende Einführung von Portalpraxen in Nordrhein-Westfalen soll bis zum Jahr 2022 passieren. Darauf haben sich vor einem Jahr das Gesundheitsministerium, die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), die Ärztekammern, die Krankenhausgesellschaft, die Apothekerkammern sowie die gesetzlichen Krankenkassen geeinigt und eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Christopher Schneider, Pressesprecher der KV Nordrhein, erklärt: „Die Absichtserklärung sieht vor, dass Portalpraxen bis 2022 flächendeckend in ganz NRW installiert sind.“ Im Rheinland seien bereits über 70 dieser Notfalldienstpraxen eingerichtet worden. Im Kreis Kleve prüfe die KV noch die Strukturen, es werden örtliche Krankenhäuser ermittelt, mit denen eine Kooperation möglich wäre. Ein konkreter Zeitplan zur Umsetzung liege allerdings noch nicht vor, berichtet Schneider. Es stehe aktuell nur die Absichtserklärung.

(veke)
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