Heimatforschung in Pont Totenzettel als Zeugen der Geschichte

Pont · Gut 18.000 Totenzettel aus dem Altkreis Geldern und den Niederlanden hat Wilhelm Tissen gesammelt und archiviert. Nun überlässt der Heimatforscher sein Material der Emilie-und-Hans-Stratmans-Stiftung.

 Wilhelm „Willi“ Tissen sammelt seit über 50 Jahren Totenzettel. Tissen und seine Cousine Monika Eggerling (r.) organsierten auch schon mehrere Ausstellungen, an denen sie die Exemplare zeigten.

Wilhelm „Willi“ Tissen sammelt seit über 50 Jahren Totenzettel. Tissen und seine Cousine Monika Eggerling (r.) organsierten auch schon mehrere Ausstellungen, an denen sie die Exemplare zeigten.

Foto: bimo

Seit beinahe 50 Jahren spürt Wilhelm „Willi“ Tissen Totenzettel aus dem Altkreis Geldern und den angrenzenden Niederlanden auf. Die Sammlung des Ponters umfasst heute etwa 18.000 Exemplare, Originale und Fotokopien. Die Zeitspanne reicht vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Jetzt überlässt der Heimatforscher seine Sammlung der Emilie-und-Hans-Stratmans-Stiftung.

In mehreren Ausstellungen, unter anderem in Pont, Geldern und Straelen, hat Tissen bereits ausgewählte Exemplare seiner Sammlung der Öffentlichkeit präsentiert – n, stets unterstützt von seinen Cousinen Monika Eggerling und Veronika Hermans. Im September 2018 zeigten Tissen und Eggerling unter dem Motto „Totenzettel erzählen Geschichte und Geschichten“ etwa Totenzettel Gefallener beider Weltkriege im Rahmen der „Woche der Geschichte“, veranstaltet vom Historischen Verein für Geldern und Umgegend, dem Treuhänder der Stratmans-Stiftung.

Nicht nur in Ausstellungen, sondern auch in Form einer Publikation machten Tissen und seine Mitstreiterin Eggerling auf die Sammlung aufmerksam: 280 farbige Totenzettel enthält das im Selbstverlag herausgegebene Buch „Totenzettel erzählen Geschichte und Geschichten“, dessen zweite Auflage restlos verkauft ist. Zahlreiche Totenzettel sind bereits digitalisiert und alphabetisch in mehreren Aktenordnern verzeichnet, so dass Ahnenforscher der Region raschen Zugang finden. Auch die Möglichkeiten und Grenzen einer durchsuchbaren Datenbank im Internet werden derzeit ausgelotet. Bei der Ahnenforschung stand Tissens Cousin Ludger Hermans zur Seite, bei vorbereitenden Sortierarbeiten leistete Stephan Köhli wertvolle Hilfe, der im Rahmen seines Masterstudiums Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum als Praktikant im Archiv tätig war.

Besondere Freude bereitet Matthias Schrör, der als Direktor der Stratmans-Stiftung auch das Archiv leitet, der Totenzettel der Pauline von Francken (1825-1906). Denn diese gehörte nachweislich zu den Bewohnern von Haus Ingenray: „Da wir unter unzähligen Archivalien auch die Geburtsurkunde der Pauline von Francken, ausgestellt im Standesamt Pont, vorliegen haben, schließt sich nun gewissermaßen der Kreis eines für damalige Verhältnisse recht langen Lebens“. Es sind diese und ähnliche Geschichten, die Tissens Sammelleidenschaft befeuern. Aber auch tragische Schicksale offenbart der Blick auf seine Sammlung, in der sich Totenzettel von Ermordeten ebenso finden wie verstorbener Kinder oder dreier im Zweiten Weltkrieg gefallener Brüder aus Geldern.

Mit Dank erinnert sich Tissen an die zahlreichen „Spender“, die ihm ihre Sammlungen vertrauensvoll überlassen haben. Doch selbst nach fünf Jahrzehnten soll sein Konglomerat weiter wachsen: „Natürlich können weiterhin Totenzettel bei mir abgegeben werden, die dann in die ,Totenzettelsammlung Willi Tissen‘ auf Haus Ingenray einsortiert werden“, so Tissen.

Mit dem Vorlass von Willi Tissen erhält die Stratmans-Stiftung einen Fundus, der das kollektive Gedächtnis der Region repräsentiert. Seine Nutzung und Auswertung durch Heimat- oder Familienforscher wird kostenlos sein. Im Jahrhunderte alten Rittersitz Ingenray an der Niers, der Mitte 2022 für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll, hat die historisch bedeutsame Sammlung Tissen nun eine Heimat gefunden.

(RP)
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