Geldern Perspektiven nach der Flucht: Helfer für junge Leute gesucht

Geldern · Alles begann damit, dass Werner Vermeulen* (*Namen geändert) mit seiner freien Zeit etwas Sinnvolles anfangen wollte und sich einmal wöchentlich um Sinad*, einen jungen Flüchtling aus Afghanistan, kümmerte. "Der ist jetzt mittlerweile mein Kumpel", sagt der Gelderner nicht ohne Stolz über seinen Schützling. "Die jungen Leute brauchen Unterstützung, und bei uns beiden stimmt die Chemie einfach."

Seit rund zwei Monaten treffen sie sich einmal wöchentlich, manchmal auch häufiger, fahren zusammen zu Terminen, schreiben Bewerbungen, füllen Anträge aus und lernen nebenbei viel voneinander. "Wir freuen uns gemeinsam über jeden kleinen Erfolg. Aber letztens haben wir zum Beispiel auch über die Bibel und den Koran gesprochen", sagt Vermeulen.

Kennengelernt haben sie sich über das Projekt "Tandem", das in Kooperation zwischen dem Anna-Stift, den Caritasverbänden in Kleve und Geldern, dem Sozialdienst katholischer Frauen in Kleve sowie dem St.-Josef-Stift im ganzen Kreisgebiet angesiedelt ist. Ziel des Projektes ist es, junge Geflüchtete in Kontakt mit Einheimischen zu bringen, um gemeinsam eine berufliche Perspektive für die Flüchtlinge zu finden. Das kann bedeuten, einen Ausbildungsplatz oder eine Praktikumsstelle zu suchen, einen Schulabschluss zu machen oder einen richtigen Job zu finden.

"Wenn junge Flüchtlinge, die als unbegleitete Minderjährige nach Deutschland gekommen sind, hier volljährig werden, stehen sie oft vor der Situation, dass sie keine Unterstützung durch die Jugendhilfe mehr bekommen und plötzlich ihr Leben selbstständig managen müssen", erklärt Christoph Kobsch, Bereichsleiter beim Jugendhilfe-Träger Anna-Stift. Eine Herausforderung, die schon für einheimische junge Erwachsene schwierig ist, für Flüchtlinge aber nahezu unlösbar.

"Wir suchen deshalb Mentoren, die jungen Flüchtlingen zur Seite stehen und sie auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleiten", sagt Sigrid Thomas vom Caritas-Centrum in Geldern, die auch Werner Vermeulen und Sinad zusammengebracht hat.

Besondere Vorkenntnisse sind dafür nicht nötig. "Wir suchen Begleiter, die sich Zeit nehmen, zuhören und den jungen Menschen auf Augenhöhe begegnen." Das kann bedeuten, einen passenden Verein zu finden, bei Behördengängen zu helfen, oder sie zu Bewerbungsgesprächen zu begleiten.

Sinad hat mittlerweile den B1-Deutschkurs abgeschlossen und macht nun seinen Hauptschulabschluss an der Volkshochschule. Auch seine Jobaussichten sind - dank der Hilfe von Werner Vermeulen - nicht schlecht. Gemeinsam waren sie bei der Azubi-Börse in Kleve, informierten sich dort über unterschiedliche Berufe und knüpften Kontakte zu Unternehmen. Wenn alles wie geplant läuft, kann Sinad schon bald ein Praktikum machen mit der Aussicht auf einen Ausbildungsplatz. Sein Mentor Werner wird ihm aber noch weiter erhalten bleiben - Kumpel bleibt eben Kumpel.

Wer selbst als Mentor junge Geflüchetete im Alter von 17 bis 27 Jahren begleiten und unterstützen möchte, kann sich zentral im Caritas-Centrum in Geldern unter Telefon 02831 9102300 melden und wird dann zu einer der vielen Kontaktstellen im ganzen Kreisgebiet vermittelt.

Die Mitarbeiter der beteiligten Träger stehen den Mentoren auch später während der Begleitung der Flüchtlinge stets als Ansprechpartner zur Seite.

(RP)
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