Straelen Orgelherbst: Langer Applaus für Wolfgang Seifen

Straelen · Zum Abschluss des 18. Internationalen Orgelberbstes in der Pfarrkirche St. Peter und Paul zeigte sich Professor Wolfgang Seifen, von der Presse international als "Paganini an der Orgel, als Hexenmeister mit unbeschreiblichem Improvisationstalent, grenzenloser Imagination und unvorstellbarer Registrierkunst" gefeiert, eher als Improvisationsmeister der beschaulich ruhigen Töne. Bis auf wenige Ausnahmen erlebten die mehr als 100 Zuhörer ein Orgelspiel voller besinnlich unerwarteter Klangbilder. Seifen gab ein klassisches Beispiel seiner schier unerschöpflichen kompositorischen Kraft, der absoluten Beherrschung des Instrumentes, seiner Registrierkunst und der geistigen Höchstleistung bei der Durchführung seiner Bach-lastigen Improvisation "Präludium, Adagio und Fuge". Seine Fähigkeit zu facettenreicher Dynamik stand im Dienst einer differenziert durchdachten Gestaltung. Das galt vor allem für den zentralen Mittelblock des Präludiums und die gleichsam "vokalisierte Orgelfuge". Bei leichter, lockerer Tongebung imponierte die Interpretation durch ihren ungezwungenen Fluss.

Drei freie Charakterstücke stellte der 60-Jährige vor: Für die "Arabeske" bediente sich Seifen warmer, dunkler Flötenregister, die ein orientalisch verwobenes Rankenornament entwickelten. Flächenfüllend mit naturnah stilisierten Klängen erzeugte er Harmonien, die zu einem heiter blumigen und dennoch delikaten Musikstück avancierten. In der "Cantilene" dominierten herrlich weiche Legatobögen in makelloser, technisch vollkommener Mühelosigkeit und ausdrucksvollen Klangfarben. Mal samtig dunkel, mal hell und klar ließ der Organist sein Instrument alle möglichen Kunstgriffe vollführen. Im "Scherzo" tanzte Seifen förmlich bewegt und heiter in lebhaftem Stil mit der Orgel. Er überlagerte taktvolle Verwirrungen mit dämonischen Koloriten, die schwirrend und schwebend mit kraftvoll rustikalen Registern sich in melancholisch grotesken Atmosphären ergossen.

In Erinnerung an den 100. Todestag des deutschen Komponisten, Organisten, Pianisten und Dirigenten Max Reger improvisierte Seifen eine "Symphonische Phantasie und Fuge" in dessen Stil. "Und dies bedarf schon eines die Technik souverän beherrschenden geistvollen Spielers", hatte Reger einst selbst gesagt. Mit größtmöglicher Klarheit und Subtilität, feinem Farbgefühl und sicherem Formbewusstsein bot der seit 2004 als Titularorganist an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin tätige Kirchenmusiker einen ungeheuren Stimmungsreichtum, der das Publikum begeisterte und zu lang anhaltendem Schlussapplaus veranlasste.

(usp)
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