Neues Palliativ-Netzwerk in Goch Hand in Hand in der letzten Lebensphase

Gelderland · Das Palliativ-Netzwerk Rhein-Maas startet am 1. September. Allein im Gelderland kümmern sich zehn Mediziner von Weeze bis Wachtendonk um die sterbenskranken Patienten. Darunter der Gelderner Arzt Arne Kleinstäuber.

 Viele Menschen dürften den Wunsch haben, irgendwann einmal in vertrauter Umgebung sterben zu können.

Viele Menschen dürften den Wunsch haben, irgendwann einmal in vertrauter Umgebung sterben zu können.

Foto: dpa-tmn/Jens Wolf

Es ist ein Thema, über das niemand gerne spricht. Das in der Regel verdrängt wird. Und das doch jeden Menschen irgendwann einmal ereilt und betrifft. Der Gelderner Hausarzt Arne Kleinstäuber bringt die Angelegenheit mit folgender Frage auf den Punkt: „Stellen Sie sich doch einmal vor, wo Sie lieber ihre letzten Wochen und Tage verbringen und letztlich sterben möchten. In einem Drei-Bett-Zimmer im Krankenhaus oder vielleicht doch lieber in den eigenen vier Wänden ?“

Um die wahrscheinlich menschlichere Variante ermöglichen zu können, hat in Deutschland jeder Bürger einen gesetzlichen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung (SAPV) im eigenen Zuhause oder auch in einem Pflegeheim. Das Ziel liegt auf der Hand: Menschen, die an einer unheilbaren Krankheit leiden und nur noch eine geringe Lebenserwartung haben, sollen wenigstens so wenig Schmerzen wie möglich ertragen müssen.

  Arne Kleinstäuber engagiert sich in der Palliativmedizin.    Foto: Archiv Evers

Arne Kleinstäuber engagiert sich in der Palliativmedizin. Foto: Archiv Evers

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Arne Kleinstäuber gehört zu den Medizinern im Gelderland, die Patienten auf dem letzten Weg begleiten. Die Ärzte haben sich jetzt mit ihren Kollegen aus dem Nordkreis Kleve zum neuen „Palliativ-Netzwerk Rhein-Maas“ zusammengeschlossen, das am 1. September seine Arbeit aufnimmt. Die Organisation, zu der auch ein eigener Pflegedienst gehört, hat ihren Sitz in Goch und wird sich eng mit den Krankenhäusern in Kevelaer, Geldern und Goch abstimmen.

Das neue Netzwerk bietet nicht nur den Betroffenen Vorteile, die in nächster Nähe eine Rund-um-die Uhr-Versorgung in Anspruch nehmen können. Auch für Kleinstäuber und seine vier Kollegen aus Geldern und Umgebung, die bislang unter dem Dach des Palliativ-Netzwerks Niederrhein mit Sitz in Moers tätig waren, bedeutet der Wechsel eine enorme Erleichterung. „Zum neuen Netzwerk gehören ab sofort auch fünf Kollegen aus Kevelaer, die bislang von uns abgetrennt eine allgemeine Palliativ-Versorgung angeboten hatten. Damit bilden wir ab September ein Team von zehn Ärzten, die sich im Gebiet von Weeze bis Wachtendonk um die sterbenskranken Menschen kümmern“, erklärt der Gelderner.

Soll heißen: Die Mediziner, die in der Vergangenheit oftmals bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gearbeitet haben, können in naher Zukunft häufiger einmal ein freies Wochenende genießen. „Der größere Kollegen-Kreis eröffnet natürlich gerade auch in Urlaubszeiten ganz andere Möglichkeiten, sich absprechen zu können. Das ist sehr wichtig. Denn abgesehen von der zeitlichen Belastung schüttelt man die Arbeit mit Palliativ-Patienten nicht einfach so ab. Gerade wenn junge Menschen im Sterben liegen, geht deren Schicksal auch dem behandelnden Arzt unter die Haut“, versichert Kleinstäuber.

Zum neuen „Palliativ-Netzwerk Rhein-Maas“ gehören insgesamt 20 Mediziner, die sich im Nordkreis ab 1. September auch um die Patienten in den rechtsrheinischen Städten Emmerich und Rees kümmern. Die spezialisierte ambulante Pflegeversorgung entlastet ganz nebenbei auch noch die Krankenhäuser in der Region. Denn das Prinzip funktioniert ganz einfach. Die Patienten, die zu Hause plötzlich einen akuten Schmerzanfall, Atemnot oder starke Übelkeit erleiden, wenden sich an das Netzwerk – in der Regel übernehmen das die Angehörigen. Sofort rückt ein dienstbereiter Arzt aus, ganz gleich, zu welcher Uhrzeit. „Das ist für alle Beteiligten wesentlich besser, als wenn ein Rettungswagen gerufen wird. Denn wir als Palliativ-Mediziner wissen in der Regel ganz genau, wie hoch wir auch sehr starke Schmerzmittel wie beispielsweise Opiate dosieren dürfen. Die Kollegen in der Notaufnahme eines Krankenhauses haben damit zwangsläufig oftmals ein Problem und wissen nicht, wie sie handeln müssen“, erklärt Arne Kleinstäuber.

Seine Kollegen und er sind in Situationen da, in die nach Möglichkeit kein Mensch geraten möchte. Ohne Unterbrechung, da menschliches Leid keine Tageszeiten, Wochenenden oder Feiertage kennt. Zurück zur eingangs gestellten Frage des Gelderner Hausarztes. Vielleicht beantwortet sie jeder für sich einmal im stillen Kämmerlein. Und wird wahrscheinlich froh sein, auch am Ende des Lebens noch eine Wahlmöglichkeit zu haben.

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