Straelen Neues Konzept für das Heronger Heim

Straelen · Im September gab es Randale im Heronger DRK-Heim für jugendliche Flüchtlinge. Die Polizei rückte an, nahm acht junge Bewohner fest. Jetzt beschreitet man im Haus andere Wege. Die Botschaft: Man habe daraus gelernt.

 Daniel Peetz ist als Einrichtungsleitung mitverantwortlich für ein deutlich gestiegenes Betreuungsangebot. Wie hier im Kreativraum gibt es neben den schulischen auch die unterschiedlichsten Freizeitangebote.

Daniel Peetz ist als Einrichtungsleitung mitverantwortlich für ein deutlich gestiegenes Betreuungsangebot. Wie hier im Kreativraum gibt es neben den schulischen auch die unterschiedlichsten Freizeitangebote.

Foto: Gerhard Seybert

In der Abgeschiedenheit des ehemaligen Schullandheims am Nordkanal sind die Tage durchgeplant: Frühsport, Schule, Hausaufgaben-Betreuung, Freizeitaktivitäten. "Wir begleiten den Jugendlichen über den ganzen Tag", sagt Daniel Peetz, Leiter der DRK-Einrichtung für jugendliche Flüchtlinge. Es soll kein Raum bleiben für Frust, vor allem nicht für Langeweile. So etwas wie im September soll nicht noch mal passieren.

Vor einem halben Jahr sorgte ein großer Polizeieinsatz für Schlagzeilen. Begonnen hatte alles mit einem Streit zwischen afghanischen Jugendlichen und Betreuern (die RP berichtete). Es ging - vordergründig - ums Freizeitprogramm, um Unterhaltungselektronik. Wut kochte hoch, die Heranwachsenden zerschlugen Mobiliar, die Betreuer riefen die Polizei. Am Ende wurden acht Jungen zwischen 15 und 17 Jahren festgenommen und kehrten nicht mehr ins Haus zurück.

 Die Flaggen der Länder, aus denen die Bewohner stammen, wehen vor dem Heim in Herongen.

Die Flaggen der Länder, aus denen die Bewohner stammen, wehen vor dem Heim in Herongen.

Foto: szf

Die darauf folgenden Monate seien "sehr intensiv" gewesen, sagt Daniel Peetz heute. Eine leitende Mitarbeiterin nahm, wie berichtet, direkt den Hut, aber dabei blieb es nicht: "Es gab einige Mitarbeiter, die nach diesen schwierigen Vorfällen gegangen sind." Vor allem aber gab es neue Tagesstrukturen, Freizeitangebote und nicht zuletzt eine Beschränkung der Bewohnerzahl.

Nach früheren Plänen sollte die Einrichtung nämlich bis zu 50 Jugendliche in fünf Wohngruppen aufnehmen können. "Davon haben wir uns verabschiedet", so Daniel Peetz. Die Obergrenze liegt jetzt bei 30, ausschließlich Jungs, im Alter von überwiegend 15 bis 18 Jahren. Statt Betten gibt es mehr Räume für Aktivitäten: Kreativraum, Fitnessraum, Gebetsraum, zwei Klassen für Schulunterricht. Ein Musikraum wird noch eingerichtet.

Das sorgt für Beschäftigung in der Anlage mitten im Wald. Allerdings sollen die geflüchteten jungen Leute sich ins deutsche Umfeld integrieren, und das klappt nicht im hauseigenen Fitnessraum.

"Die Einrichtung hier ist ein Fluch und ein Segen", räumt Daniel Peetz ein. "Viele unserer Jugendlichen genießen die Ruhe und die Sicherheit hier." Die Kehrseite der Medaille: "Wir betreiben recht großen Aufwand, um die Jugendlichen aus der Einrichtung rauszubringen." Man pflege Kontakte zu Sportvereinen, es gibt Ausflüge, Fahrräder, Bustickets.

Die größte Herausforderung im Alltag sei es heute, den jungen Männer zu erklären, was ihnen in Deutschland abverlangt wird. "Die haben die Erwartung, in Deutschland sehr schnell beschult zu werden, einen Arbeitsplatz zu bekommen, Geld zu verdienen", beschreibt es Daniel Peetz. Dass der Weg dahin aber sehr steinig ist, dass sie sich durchbeißen müssen - das zu vermitteln sei "tägliche Überzeugungsarbeit". Zweite große Baustelle: die Vermittlung der Normen und Werte der deutschen Gesellschaft. "Da arbeiten wir viel dran."

Insgesamt bewährten sich die neuen Ansätze, versichert Daniel Peetz. "Selbstverständlich haben wir auch Konflikte", will er deutlich machen. Aber im Großen und Ganzen sei die Stimmung gut, es werde viel gemeinsam unternommen: "Mit 25 Jungs aus sieben Nationen in dieser besonderen Lage ist es sehr ruhig."

Und das, obwohl die Bewohner nicht immer die "Einfachsten" seien. Die Heronger Einrichtung ist so groß, dass sie nicht nur junge Menschen aufnimmt, für die das Jugendamt des Kreises Kleve zuständig ist. Sie bekommt auch "Fälle" von anderen Jugendämtern. Und das sind häufig nicht die pflegeleichtesten Kandidaten. Andererseits seien die Erfolgserlebnisse umso schöner. Es gebe junge Männer, die anderswo Probleme hatten und die sich nun in Herongen gut machten.

(RP)
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