Geldern Manipulierte Online-Umfrage zu Karree?

Geldern · Bei der Online-Umfrage zum Gelderner Kapuziner-Karree wurden mehr als ein Viertel der Stimmen von Bürgermeister Ulrich Janssens eigenem Rechner abgegeben - und zwar für den Plan von Investor Kranich-Bieber-Scholten.

Vier Entwürfe für das Kapuziner-Karree
4 Bilder

Vier Entwürfe für das Kapuziner-Karree

4 Bilder

Sie sollten "ganz frei von allen fachlichen Erwägungen einfach mal ein Stimmungsbild abgeben" zu den Plänen fürs Kapuziner-Karree abgeben, hatte Bürgermeister Ulrich Janssen die Bürger eingeladen. Dazu hatte er auf seiner Facebook-Seite eine Umfrage gestartet.

Die detaillierten Abstimmungsdaten sind über Facebook durch ein Paar Mausklicks einzusehen. Und die besagen (zum Stand gestern Vormittag): Über ein Viertel von insgesamt 798 Antworten, nämlich 213, wurden unter Ulrich Janssens Namen und von seinem eigenen Facebook-Account aus abgegeben. 208 Stimmen gehen an das Konzept Bieber-Kranich-Scholten, und dann noch ganze fünf an "Gedo".

Nur durch die "Janssen"-Stimmen landete der Kranich-Bieber-Scholten-Entwurf am Ende auf Platz eins und lieferte sich dort ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Konzept von Fleurkens-Janssen-Schoofs. Ohne sie wäre "Bieber-Kranich-Scholten" weit abgeschlagen auf 27,9 Prozent Zustimmung gekommen.

Bürgermeister Ulrich Janssen selbst weist den Verdacht zurück, er habe sein bevorzugtes Konzept nach vorne geklickt. "Da habe ich gar keine Zeit für", erklärte er auf Anfrage. "Ich habe das hier vielen Leuten am Bildschirm erklärt, die selbst kein Facebook haben. Und die haben das an meinem Rechner angeklickt." Sowohl seinen Laptop im Büro als auch sein Tablet habe er anderen dafür überlassen.

Den vorliegenden Daten zufolge hätten demnach zeitweise Dutzende Gäste hintereinander weg, immer im Abstand weniger Sekunden, mal früh morgens, mal mittags, mal abends, über Janssens Rechner an der Abstimmung teilgenommen. Janssen bekräftigt diese Darstellung: "Ich habe nicht nachgezählt, wer bei mir abgestimmt hat", sagte er. "Und so eine Abstimmung dauert ja auch nur Sekunden."

Er selbst habe derzeit überhaupt noch gar keinen Favoriten unter den Investoren-Konzepten, versicherte er. "Auch die Verwaltung hat sich noch nicht festgelegt". Einfluss auf Entscheidungen der Politik, die das Bieber-Kranich-Scholten-Konzept in die engere Wahl genommen hat, habe die Facebook-Umfrage sicher nicht gehabt: "Im ganzen Diskussionsprozess ist das nicht angesprochen worden", und generell werde Facebook "völlig überbewertet". Dass der Vorgang ihm in der Gunst der Wähler schaden könnte, denkt er auch nicht: "Ich glaube, das geht denen nicht wirklich an die Seele." Schließlich habe er ja die Erklärung geliefert.

So sieht das Abstimmungsergebnis der Facebook-Umfrage aus, wenn man die von Janssens Account aus abgegebenen Stimmen komplett herausrechnet: Eine 62,9-Prozent-Mehrheit geht an "Fleukens-Janssen-Schoofs". Bei den 368 dafür abgegebenen Antworten gibt es keine augenfälligen Unregelmäßigkeiten. Bieber-Kranich-Scholten findet 163 Befürworter und kommt damit nur noch auf 27,9 Prozent. Gefolgt von: Gedo (3,4 Prozent), Architekturbüro von der Linde (2,4 Prozent), ITG (1,7 Prozent), Bünting (1 Prozent) und Verhoeven (0,7 Prozent).

Bei der Umfrage war zudem anzugeben, welche Supermarktkette man im Kapuziner-Karree wünsche. Von den Stimmen unter Janssens Namen entfallen 149 auf Edeka. Dann kommt Aldi mit gut 40 Stimmen, die übrigen verteilen sich.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort