Geldern Leidenschaft auf der Realschul-Bühne

Geldern · Der König ist schwach, die Dame intrigant, die Infanten rebellieren und die Bauern proben den Aufstand. Im Musical "Schach 2.0" der Liebfrauen-Realschule geht es um Liebe, Macht und Krieg.

 Der Protest manifestiert sich auf vielen Plakaten: Probenszene für das Musical der Liebfrauen-Realschule.

Der Protest manifestiert sich auf vielen Plakaten: Probenszene für das Musical der Liebfrauen-Realschule.

Foto: Gerhard Seybert

Schon die ersten Sätze im Stück sind philosophisch. Zwei Schachspielerinnen stehen einander gegenüber. "Schach ist Krieg", sagt die eine. "Schwarz gegen Weiß. Es geht darum, den anderen plattzumachen." Der anderen fehlt in dieser Rechnung die Liebe. Die erste reagiert verächtlich: Ob es jetzt vielleicht darum gehe, woher die kleinen Schachfiguren kommen? "Weiße Dame knutsch schwarzen Läufer?", höhnt sie.

Aber sie soll sich irren: Liebe, Taktik und Krieg, das hat im neuen Musical der Liebfrauen-Mädchen-Realschule tatsächlich eine Menge miteinander zu tun. Das Stück heißt "Schach 2.0", ein Musical für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren. Am kommenden Mittwoch, 22. Juni, ist die Aufführung in der Schulaula.

"Es geht um Macht, Liebe und Intrigen, um ,Schwarz gegen Weiß' und Bauernopfer", gewährt die Projekt-Koordinatorin, Lehrerin Elisabeth Zangerl, Einblick. Grob umschrieben droht Krieg zwischen den Königreichen "Weiß" und "Schwarz". Prinz und Prinzessin beider Länder sollen zum Zwecke der Friedenssicherung in eine politische Ehe gedrängt werden.

Die Königin zieht die Fäden, der König ist schwach, die Infanten rebellieren, und die Bauern proben den Aufstand. Da schwenkt der Chor auf der Bühne Plakate mit Aufschriften: "Der König ist ein Weichei" und "Weg mit der Shopping-Queen" zu den Klängen der Marseillaise, und stimmt später gefühlvoll einen Gesang auf die konfliktreiche Zeit an.

Das Musical wird von rund 120 Schülerinnen der Jahrgangsstufen 6 bis 10 auf die Bühne gebracht. Sie gehören teilweise zur Musical-AG mit eigenen Gruppen für Schauspielerinnen, Chor, Technik. Hinzu kommen Tanzgruppe, Percussion-instrumentalistinnen und ein Kunstkurs, der Bühnenbild und Maske unter Kontrolle hat.

"Das wird jetzt alles zusammengeführt", erklärt Lehrerin Zangerle die zurzeit noch laufenden Proben. Sieben Lehrer übernehmen die Betreuung teilweise in ihrer Freizeit.

Das Publikum darf ein immer wieder ironisches Spektakel mit Musik, Tanz, Gesang erwarten. "Eine Mischung aus Humor, Liebe, Spannung", verspricht Darstellerin Julia (15): "Da ist alles drin."

Aber nicht nur das Publikum, auch die Schülerinnen selbst haben viel von dem Musical-Projekt. "Man lernt viel", erzählt Lena (13). "Dass man mal in eine andere Rolle schlüpfen kann, vielleicht gar nicht erkannt wird auf der Bühne - dass man jemand anders sein kann." Und Anna (13) ergänzt: "Man kriegt einfach mehr Selbstbewusstsein. Wenn man weiß, dass man das auf der Bühne kann, kann am es woanders auch."

Egal jedoch, was die Sängerinnen, Schauspielerinnen und Musikerinnen können - wenn das Licht ausgeht oder die Mikrofone streiken, läuft gar nichts mehr. Die Schülerinnen aus der Technik-Gruppe sorgen dafür, dass alles rund läuft. Sie zaubern Stimmungen auf die Bühne, erzählt Technikerin Rachel (16): "Für verschiedene Szenen stellt man Lampen ein. Zum Beispiel: Wenn man Nacht-Szenen hat, macht man es bläulich, das sieht nach Nacht aus."

Dass alles richtig beleuchtet wird, ist schon eine Kunst. Noch komplizierter ist der Ton. "Jeder singt ja mit einer anderen Stimme, und die Mikrofone werden auf die Stimmlagen eingestellt", erklärt Rachel. Sie ist schon ein "alter Hase" im Regieraum. Emily (12) steht noch am Anfang mit den Mikrofonen und kennt die Tücken: "Manche singen höher, dann muss man die Höhen einstellen und den Bass aufdrehen - das ist manchmal schwer rauszuhören."

Die Teamarbeit sei für junge Menschen ein enorm wichtiger Lernprozess, erklärt Lehrerin Mechtild Happe. "Aufeinander warten, einander unterstützen, die Arbeit der anderen würdigen, nicht so ein Einzelkämpfertum. Und sie brauchen unheimlich viel Disziplin", zählt sie auf. "Jeder ist wichtig. Wenn einer ausschert, funktioniert die ganze Gruppe nicht mehr."

Außerdem öffnet das "Selbermachen" die jungen Leute für die Kultur. Manche suchen sich am Ende ihrer Schulzeit andere Schauspielgruppen. Andere freuen sich über Musical-Karten zum Geburtstag.

(RP)
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