Kriminalität in Geldern Versuchter Totschlag: 22-Jähriger drückte ab

Kleve/Geldern/Neuss · Am Montag ist das Urteil im Fall um einen versuchten Totschlag in Geldern gefallen. Ein Verkaufsgespräch zwischen vier Männern aus Neuss und einem Telefonhändler aus Geldern endete in einer Schießerei.

 Vor dem Landgericht fand der Prozess statt.

Vor dem Landgericht fand der Prozess statt.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

13. Mai 2018, zwei Uhr morgens: Vier junge Männer aus Neuss fahren im Auto nach Geldern. Dort sind sie mit einem Telefonhändler verabredet, der den nächtlichen Besuchern vier Handys abkaufen will. Doch zum Handel kommt es nicht: Nachdem die Neusser das Geld für die Handys (2800 Euro) im Haus des Händlers erhalten haben, wollen sie sich ohne Übergabe der Ware aus dem Staub machen. Einer der Neusser zieht eine Schusswaffe, es kommt zum Streit mit dem Gelderner. Dessen Sohn wird wach, greift ein.

Die Szene, die sich im Haus des Telefonhändlers in Geldern abspielte, war in den vergangenen vier Wochen Gegenstand eines Strafprozesses am Klever Landgericht. Das Urteil gegen die vier Männer verkündete die vierte große Strafkammer am Montag: Alle vier Angeklagten wurden wegen besonders schweren Raubes verurteilt.

Der 22-jährige Hauptangeklagte wurde zudem wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Denn als es zum Streit im Haus des Telefonhändlers kommt und dessen 22-jähriger Sohn eingreift, fällt ein Schuss. Der Hauptangeklagte feuert ihn laut Feststellung der Kammer ab und trifft den Sohn des Händlers. Die Kugel durchschlägt den Brustkorb, zersplittert eine Rippe, verletzt die Lunge und verfehlt die Wirbelsäule nur knapp. Der junge Mann verliert dreieinhalb Liter Blut und wird mit einer Notoperation gerettet. „Bestand Lebensgefahr?“, will der Vorsitzende Richter Gerhard van Gemmeren in der Verhandlung vom Arzt im Zeugenstand wissen. „Ja“, sagt der Zeuge.

Zu acht Jahren Freiheitsstrafe ist der Hauptangeklagte verurteilt worden. Sein Bruder bekam für die Beteiligung am besonders schweren Raub fünf Jahre, die beiden weiteren Angeklagten fünf Jahre und sechs Monate beziehungsweise vier Jahre und sechs Monate. Außerdem müssen die vier Angeklagten das erhaltene Geld an den Gelderner Telefonhändler zurückzahlen.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten zehn Jahre Freiheitsstrafe beantragt, die Verteidigung sah hingegen keine Tötungsabsicht: Der Angeklagte sei davon ausgegangen, dass es sich um eine Soft-Air-Pistole handele, nicht um eine scharfe Waffe. Der Schuss habe sich im Gerangel gelöst und sei nicht gezielt abgefeuert worden.

Die Kammer stellte jedoch fest, dass alle vier Angeklagten von der scharfen Waffe gewusst haben und dass der Hauptangeklagte zumindest mit bedingtem Tötungsabsatz abgedrückt habe, um seinem Bruder zu helfen. Ein versuchtes Tötungsdelikt „mit sehr großer Nähe zur Vollendung“, betonte der Vorsitzende Gerhard van Gemmeren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort