Geldern Kürzung: Arzt gibt Kassenzulassung ab

Geldern · Der Gelderner Orthopäde und Reha-Arzt Dr. Michael Pennings gibt seine Kassenärztliche Zulassung zurück. In Zukunft wird er nur noch Privatpatienten und "Selbstzahler" behandeln. Der Grund: Neue Kürzungen bei den Kassenpatienten.

 Bei Orthopäde Dr. Michael Pennings, dessen Ehefrau Dagmar Herrmann-Pennings Finanzchefin ist, müssen Kassenpatienten bald selbst zahlen.

Bei Orthopäde Dr. Michael Pennings, dessen Ehefrau Dagmar Herrmann-Pennings Finanzchefin ist, müssen Kassenpatienten bald selbst zahlen.

Foto: seybert

Wer seinen Rücken, seine Knochen und Gelenke ab Januar 2015 bei Dr. Michael Pennings auf den Untersuchungstisch legen will, muss privat versichert sein. Oder er muss als Kassenpatient "Selbstzahler" werden und für den Besuch in die eigene Tasche greifen. Zum 31. Dezember gibt der Mediziner seine Kassenärztliche Zulassung zurück. "Ich hatte es bisher so hinbekommen, dass die Kassenmedizin sich noch getragen hat", erklärt er. Nun, nach einer Kürzung der Gelder durch die Kassenärztliche Vereinigung, sei das "unmöglich".

Die Kassenärztliche Vereinigung schreibt vor, wie viel Geld ein Arzt pro Kassenpatient im Quartal höchstens abrechnen darf. Bislang waren das für Pennings 46,38 Euro pro Patient. Egal, mit was und wie oft der Betreffende binnen der drei Monate erschien. Im Sommer nun wurde dieser Satz durch die Kassenärztliche Vereinigung um über ein Viertel gekürzt - auf 34,21 Euro.

"Fakt ist: Seit dieser Senkung schießen wir jedes Quartal 10.000 Euro bei den Kassenpatienten zu", sagt Dr. Dagmar Herrmann-Pennings. Die promovierte Betriebswirtin kümmert sich um das Finanzmanagement der Praxis.

Seine Kassenpatienten kosten Pennings also derzeit im Vierteljahr - durch die allgemein laufenden Kosten des Arztes - 10.000 Euro mehr, als sie einbringen. Er musste das Minus aus dem Gewinn durch die Privatpatienten ausgleichen und Rücklagen angreifen. "Das können Sie aber nicht lange machen", sagt Herrmann-Pennings. So wie bisher gehe es jedenfalls definitiv nicht weiter.

Werden andere Orthopäden und Fachärzte es Pennings angesichts der schrumpfenden Budgets in Zukunft gleichtun? "Ich denke schon", schätzt er. Sicher kämen viele Praxen auch dadurch auf ihre Einnahmen, dass sie eine möglichst große Zahl von Patienten aufnähmen. "Ich habe meine Zahlen aber bewusst nicht so ausgedehnt, weil ich mir Zeit für meine Patienten nehmen will", so Pennings. Sein Anspruch sei eine umfassende, ganzheitliche Medizin. "Ich kann es vor mir nicht verantworten, Leute durchzuschleusen, ohne ihnen das zukommen zu lassen, was ich für richtig halte." Übrigens habe die Frage nach "Privat" oder "Kasse" bei ihm in der Behandlung der Menschen niemals einen Unterschied gemacht, betont er.

Noch kommen bei Pennings fünf Kassen- auf einen Privatpatienten. Dass sich seine Praxis in Zukunft tragen wird, vielleicht sogar besser als vorher, daran haben er und seine Ehefrau keinen Zweifel: "Wir haben jetzt schon ganz viele Meldungen von Selbstzahlern, die weiter kommen wollen." Und es gebe zahlreiche Praxen, bei denen das auch klappe.

Eigentlich seien die Leistungen auch nicht so teuer. Eine einfache Untersuchung - der vertretene Fuß vielleicht - liege bei 21 Euro. Ein umfassender Termin, bei dem es um mehrere Körperbereiche oder neurologische Probleme gehe, liege immer noch bei unter 50 Euro.

Aber: Manche Behandlungen sind langwierig. Und Pennings wird keine Kassenleistungen mehr verschreiben können, etwa Krankengymnastik. Mit so einer Empfehlung von ihm kann der Patient höchstens mit seiner Krankenkasse in Verhandlung treten und auf Zahlungswilligkeit hoffen.

"Ich bin schon traurig, dass es so weit kommen musste", sagt Michael Pennings. Am meisten tue es ihm eigentlich um seine jüngsten Patienten, die Kinder, leid; die könnten ja nun am wenigsten dafür.

Nach Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung gibt es im Kreis Kleve übrigens mehr als genug Orthopäden, der Versorgungsgrad liege bei 110 Prozent. Deshalb werden weitere Orthopäden im Kreis schon seit Jahren nicht mehr kassenärztlich zugelassen. Das war auch schon so, als Pennings sich 2007 in Geldern niederließ. Für ihn war das aber keine Hürde: Er ist nicht nur Facharzt für Orthopädie, sondern auch Facharzt für "Physikalische und Rehabilitative Medizin". Als solcher ist er zugelassen und kann deshalb auch Kassenpatienten orthopädisch behandeln. Außerdem ist er ausgebildet in Osteopathie, Akupunktur und Schmerztherapie.

(RP)
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