Kommentar „Unsere Woche“ Wenn an Kultur und Karneval gespart wird

Meinung | Straelen · In Straelen muss das Karnevalserwachen abgesagt werden, in Kevelaer und anderen Orten werden für prominente Kabarettisten zu wenig Karten verkauft. Woher kommt diese Zurückhaltung des Publikums?

Karneval hat in Straelen einen hohen Stellenwert: Auch ein Alltagsmensch ist dem Brauchtum gewidmet. Genug Interesse am Sessionsauftakt gab es trotzdem nicht.

Karneval hat in Straelen einen hohen Stellenwert: Auch ein Alltagsmensch ist dem Brauchtum gewidmet. Genug Interesse am Sessionsauftakt gab es trotzdem nicht.

Foto: Norbert Prümen

Jetzt hat es auch die Straelener Narren erwischt. Ausgerechnet in der Karnevalshochburg des Gelderlandes fanden sich kaum Jecken, die die „Kölschen Adler“, „Saitensprung“ und das große Tanzcorps „Colonia Rut Wiess“ sehen wollen. Die Große Karnevalsgesellschaft „Narrenschiff“ machte das einzig Richtige und zog die Notbremse. Bei nur 80 verkauften Karten für die große Bofrost-Halle mit 1800 Plätzen wäre es sonst wohl ein trauriger Abschied für das Dreigestirn geworden. Und ein finanzielles Desaster für den Verein, der nun hoffen muss, mit den Künstlern gute Lösungen zu finden.

Doch der Fall „Narrenschiff“ ist keine Ausnahme. Vermehrt wird am Niederrhein gemeldet, dass sich Karnevalsvereine schwer tun mit dem Vorverkauf. Das passt ins Bild. Schon zu Beginn der Woche hatten wir berichtet, dass auch die Kulturveranstalter Probleme haben, die Säle zu füllen. Wenn weniger als 100 Menschen Mario Basler oder „la Signora“ Carmela De Feo im Bühnenhaus Kevelaer erleben wollen, funktioniert das Ganze eben nicht.

Woran liegt es? Ich persönlich glaube, dass es weniger die Angst vor Corona ist, sondern mehr die Sparsamkeit angesichts der hohen Inflation und der kriegsbedingten Energiekrise. Und die lange Pandemie-Pause hat bei vielen Menschen den Lebensrhythmus verändert. Sie haben gar nicht mehr im Blick, donnerstags ins Kabarett, montags ins Theater oder eben samstags zum Karneval zu gehen. Vieles wird Zeit brauchen, bis sich das Ganze wieder einspielt, einiges wird auch wegbrechen. Was sehr bedauerlich ist, denn die kulturelle Vielfalt macht unser Leben doch abwechslungsreicher und spannender.

Immerhin durfte St. Martin endlich wieder überall durch die Straßen ziehen, und mit „Heiß auf Eis“ startet das erste Winterevent in der Region. Da gibt es viel Live-Musik, vor Corona geschützt an der frischen Luft und bei freiem Eintritt. Genießen wir diese Momente. Und wer noch Weihnachtsgeschenke sucht: Eintrittskarten für Kultur und Karneval können auch ein schönes Präsent sein.

Trotz alledem: Genießen Sie Ihr Wochenende.

Dirk
Möwius

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