Kultur am Niederrhein Rätsel um eine Wandkarte

Kevelaer · Regelmäßig gewährt das Niederrheinische Museum in Kevelaer einen Blick ins Depot. Damit werden Gegenstände für die Zuschauer zugänglich gemacht.

 Diese Wandkarte zur deutschen Schrift ist zu sehen.

Diese Wandkarte zur deutschen Schrift ist zu sehen.

Foto: Museum Kevelaer

In jedem Quartal wird aus dem Depot des Niederrheinischen Museums in Kevelaer ein Objekt, seine Bedeutung und seine Geschichte vorgestellt, denn es gibt immer wieder Sehenswertes, das nur selten das Licht der Ausstellungen erblickt.

Von besonderem Wert für die Museumspädagogik des Hauses ist eine Schulwandkarte zur Deutschen Schrift, die ursprünglich aus der St.- Hubertus-Grundschule in Kevelaer stammt. Auf den ersten Blick sehen die dargestellten Buchstaben aus wie bei der Sütterlinschrift. Diese wurde 1911 vom preußischen Kultusministerium bei dem Grafiker Ludwig Sütterlin in Auftrag gegeben und ab 1915 in Preußen, später auch in anderen deutschen Landen eingeführt. Vergleicht man die Schulwandkarte mit der originalen Sütterlinschrift, so finden sich Veränderungen in den einzelnen Buchstaben.

Tatsächlich erfuhr die Sütterlinschrift in verschiedenen Regionen leichte Abwandlungen, bis ab 1935 / 1936 nur mehr eine einheitliche Verkehrsschrift gelehrt wurde, die auf Sütterlins Buchstaben basiert. Doch darf diese noch als Sütterlinschrift bezeichnet werden? Ab dem Jahr 1941 verboten, wurde die Deutsche Schrift nach Sütterlin nach dem Krieg wieder in vielen Schulen im Fach Schönschreiben gelernt. Stammt unsere Schulwandkarte nun aus den 1950er Jahren?

Im Vergleich mit einem Brause-Schönschreibübungsheft von etwa 1960 stimmen die Buchstaben exakt überein. Die Beschaffenheit der zusammenrollbaren Schulkarte zeugt jedoch von einer früheren Entstehung. Zeigt sie somit vielleicht die Buchstaben, die bereits 1935 zur Vereinheitlichung eingeführt worden sind und ist sie damit in die zweite Hälfte der 1930er Jahre zu datieren?

Das Spannende an der Sütterlinschrift bleibt, dass sie als Ausgangsschrift individuell sein durfte. Ein jeder Schreiber gab ein wenig seiner eigenen Persönlichkeit hinzu.

Die Schulwandkarte ist bis Ende März in der Historischen Gaststätte des Niederrheinischen Museums in Kevelaer ausgestellt und kann vom Mechelner Platz aus von allen Interessierten durch die Fenster bestaunt werden. Zum Vormerken: Wenn die aktuellen Ereignisse es erlauben, soll auch die Sütterlin-Schreibwerkstatt wieder stattfinden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort