Geldern "Kapuzinertor" auf alten Klostermauern

Geldern · Die Investoren für den Einkaufskomplex an Ostwall und Kapuzinerstraße erwarten Bauverzögerungen und höhere Kosten. Sie sehen das Projekt aber nicht bedroht. Im Boden des Baugrundstücks wurde alte Mauerreste gefunden.

 So soll das Kapuzinertor mal aussehen. Im Untergrund liegen allerdings mutmaßlich mittelalterliche Gebäudereste. Die Archäologen werten sie aus.

So soll das Kapuzinertor mal aussehen. Im Untergrund liegen allerdings mutmaßlich mittelalterliche Gebäudereste. Die Archäologen werten sie aus.

Foto: Investor

In Geldern kann man, bildlich gesprochen, in keinem Sandkasten eine Sandburg bauen, ohne dabei versehentlich irgendetwas Historisches freizulegen. Erst Recht kann man nicht mitten in der Innenstadt eine Tiefgarage ausheben. Gestern gaben die Archäologen des Amtes für Denkmalpflege bekannt: Die Mauerreste, die im Boden des Baufeldes für den Einkaufskomplex "Kapuzinertor" gefunden wurden, stammen vermutlich tatsächlich vom mittelalterlichen Kloster Nazareth, das dort einst stand.

Historisch Interessierte hoffen nun, dass man es mit der Kloster-Krypta zu tun hat. Diese könnte nämlich im Bereich des Baugrundstücks, also des Berufskollegs am Ostwall, zu finden sein.

Die Wissenschaftler wehren sich aber derzeit noch gegen jede Spekulation. "Man müsse tiefer ausgraben, um, wie die Archäologen sagen, den ,Eindruck zu verfestigen'", erklärt Stadt-Sprecher Herbert van Stephoudt. Die vorerst gesichteten Mauern lagen gerade mal einen guten halben Meter unter der Oberfläche. Die laufende Ausgrabung werde sich mindestens bis in den September hinziehen, heißt es. Eine weitere Grabung werde vermutlich noch in der Woche ab dem 22. August in Angriff genommen.

Diese Ergebnisse bekam gestern nicht nur die Stadt Geldern präsentiert, sondern auch die Investorengemeinschaft für den Kapuzinertor-Einkaufskomplex, die Gruppe Fleurkens - Janssen - Schoofs. Diese sieht ihr Vorhaben dadurch aber nicht bedroht.

"Es ist bis jetzt nichts gefunden worden, was das Projekt generell gefährdet", so Reinhard Fleurkens. Dass es in Geldern Bodendenkmäler gebe, sei ja nicht gerade überraschend: "Wenn Sie innerhalb der Wälle bauen, finden Sie immer was." In der Regel verhindere so etwas ein Vorhaben nicht.

Aber ein Grund zum Jubeln sind die geschichtlichen Zeugnisse für die Bauherren auch nicht gerade. "Natürlich wird's teurer", stellt Fleurkens fest. Erstens müssen alle Grabungen und Untersuchungen bezahlt werden, zweitens wird es voraussichtlich zu Verzögerungen beim Bau kommen - auch das kostet Geld. Der für Herbst geplante Baustart mit dem Abbruch von Berufskolleg-Gebäuden werde sich nach hinten verschieben, mutmaßt Fleurkens: "Ich würde sagen, im Oktober fangen wir mit dem Abriss noch nicht an." Womöglich aber noch in diesem Jahr.

Genaueres werden alle Beteiligten wohl Mitte September wissen. Dann wollen die Archäologen eine Einschätzung über Wert und Bedeutung ihrer Entdeckung abgeben.

Das Amt für Denkmalpflege hatte übrigens auch zwei kleinere Baustellen am Ostwall angelegt, um tief im Boden nach Resten der Gelderner Stadtmauer zu suchen. Das blieb aber erfolglos.

Das Grundstück des Berufskollegs gehört zurzeit noch dem Kreis Kleve. Die Investorengruppe hat einen Kaufvertrag unter der Bedingung geschlossen, dass für ihr Vorhaben das Baurecht geschaffen wird. Dazu muss ein entsprechender Bebauungsplan erstellt werden. Die derzeitigen archäologischen Nachforschungen gehören zu den Vorbereitungen dafür.

Das Kloster Nazareth enstand in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahe an der Stadtmauer, die Kapelle wurde 1457 fertiggestellt. Im Zuge der Besetzung Gelderns durch niederländische Soldaten um 1578 wurde das Kloster von den Schwestern verlassen. Nach der Säkularisierung 1802 wurden die Gebäude gewerblich genutzt. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ist heute nur noch das Refektorium erhalten. Dieses hat auch im "Kapuzinertor"-Projekt sein Bleiberecht.

(RP)
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