Juri Pinekenstein Der Imker vom Golfplatz

Geldern · Juri Pinekenstein hat seine Bienen am 14. Abschlag stehen und stellt Honig aus Wiesen- und Waldblüten her. Doch kaum jemand kauft sein regionales Produkt aus Geldern. Wie schwierig es ist, in Deutschland ein Imker aus Kirgistan zu sein.

 Juri Pinekenstein ist der Imker vom Golfplatz in Geldern.

Juri Pinekenstein ist der Imker vom Golfplatz in Geldern.

Foto: Verena Kensbock

Noch ist es ruhig am 14. Abschlag. An diesem Tag kommt die Sonne nicht raus, es sind keine Golfer unterwegs und auch die Bienen bleiben in ihren Kästen. Erst wenn die Temperatur auf zehn Grad klettert, schwirren die ersten Insekten durch die Luft – es sind die Bienen von Juri Pinekenstein, dem Imker vom Gelderner Golfplatz.

Seine Bienen bewegen sich in einem Umkreis von etwa zwei Kilometern, sie fliegen zum Krankenhaus, zur Realschule und zum Hotel am Seepark. Sie saugen den Nektar aus Blüten, bestäuben ganz nebenbei die Pflanzen und sorgen für neues Leben. Je mehr Bienen, desto weiter fliegen sie auch, schließlich ist dann der Kampf um die Pflanzen größer.

Am 14. Abschlag hat Juri, der jeden nur duzt, 14 Bienenstöcke stehen. Wenn es nach ihm geht, sollten es 60 sein. Der Mann mit den massigen Händen und dem weißen Haar lacht viel, erzählt gerne von seinen Bienen und nicht immer versteht man ihn dabei. Deutsch ist nicht seine Muttersprache und manchmal muss er sich noch Zeit nehmen, um die richtigen Worte zu finden.

20 Jahre lang hat Juri Pinekenstein als Gärtner auf dem Golfplatz gearbeitet. Er stammt aus Kirgistan, dem Land zwischen Kasachstan und China, an der Seidenstraße, der alten Handelsroute zwischen dem fernen Osten und der Mittelmeerregion. Hier hat er sein Imker-Handwerk gelernt. Vor 25 Jahren ist der nach Deutschland, nach Geldern gekommen, um hier zu arbeiten.

Er hat noch seinen Imker-Pass aus Kirgistan, der in seinem dunkelroten Einschlag beinahe so aussieht wie ein Reisepass. In kyrillischen Buchstaben steht dort, was er alles kann. Doch in Deutschland versteht das kaum jemand. Darum hat er hier Weiterbildungen gemacht, unter anderem ein Zertifikat in Duisburg. Nun darf er das Label „Echter deutscher Honig“ auf seine Gläser kleben. Doch er wird sie nicht los, sagt Juri. „Es gibt keinen Markt für Honig aus der Region.“

In Kirgistan, sagt er, sei die Situation für Imker einfacher. Dort hat er seine Bienen, je nach Saison, in die Berge oder in die Wüste gebracht, damit sie ihren Honig produzieren können. Kirgisischer Honig gilt als einer der besten der Welt. Im Herbst 2013 auf dem Internationalen Bienenzüchter-Kongress „Apimondia“ in Kiev holten kirgisische Imker die höchste Zahl an Goldmedaillen in den kommerziellen Honigklassen.

In Deutschland, sagt Juri, sei es schwieriger, Imker zu sein. Es gebe zu wenig finanzielle Unterstützung für die teuren Materialien, für Futter zum Überwintern, für Mittel gegen Milben. 950 Euro habe er vergangenes Jahr investiert und nur 450 Euro eingenommen durch den Verkauf. Und es gebe hohe Auflagen, die er erfüllen müsse, um seinen Honig produzieren zu dürfen.

Er hatte versucht, seinen Honig in die Regale von Supermärkte zu bringen, sagt Juri. Doch Edeka, Rewe, Lidl und Aldi wollten ihn nicht haben. Honig, der nicht aus industrieller Produktion stammt, könnte nicht den Hygienevorschriften entsprechen, er könnte der Gesundheit der Kunden schaden. Das kann Juri nicht verstehen. Wie kann es gesünder sein, billigen Honig aus Nicht-EU-Ländern zu essen statt seinen aus der Region, vom Golfplatz, Abschlag 14? „Bienen bringen Gesundheit“, sagt er.

Um seine Kosten zu decken, hat Juri nun angefangen, auch Bienenvölker zu verkaufen. Er züchtet eine Bienenart, die besonders ruhig sein soll. Noch nie, sagt Juri, haben seine Bienen jemanden gestochen. Vier bis fünf Völker verkauft er an andere Imker in Kempen oder Viersen, damit er am Ende des Jahres auf Null ist. Dabei geht das gegen seine Überzeugung: „Wir brauchen die Bienen hier, in Geldern.“

Sein einziger Lichtblick ist der Golfplatz. Dort dürfen seine Bienenkästen stehen, seinen Honig gibt es im Clubhaus zum Verkauf, er wird verschenkt als Präsent bei Turnieren. In einem alten Bauwagen arbeitet er im Winter. Neues Material kann er sich nicht leisten, darum repariert er kaputte Kästen und Rähmchen, in denen die Bienen ihre Waben bauen. Jeden Scheit sägt er zurecht, um die morschen Streben auszutauschen. Holzstück für Holzstück zimmert er die Heimat seiner Bienen zusammen. Damit sie im Frühling wieder über den Golfplatz schwirren, die Waben füllen und echten deutschen Honig produzieren können.

(veke)
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