Bluttat in Issum Jeep-Fahrerin stach Nachbarin nieder

Issum · Das Entsetzen in der knapp 12.000-Einwohner-Gemeinde Issum über die brutale Tat ist groß. Nach der versuchten Tötung einer 59 Jahre alten Frau durch ihre Nachbarin wird darüber diskutiert, wie es dazu kommen konnte. Wieso rastet eine zuvor unbescholtene Bürgerin (49) plötzlich aus und überfährt ihre auf dem Fahrrad sitzende Nachbarin mit ihrem Jeep?

Frau rammt Radfahrerin absichtlich mit Geländewagen
8 Bilder

Frau rammt Radfahrerin absichtlich mit Geländewagen

8 Bilder

Antworten darauf kann auch die Polizei derzeit noch nicht geben. Dafür wurden weitere Einzelheiten bekannt. In einer gemeinsamen Presseerklärung teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit, dass die Täterin ihr Opfer nicht nur einmal überfuhr, sondern zweimal. Danach soll sie aus dem Wagen gestiegen sein und ihrem Opfer noch mit einem Messer in den Hals gestochen haben. Laut Polizei fügte sie ihrer wehrlosen Nachbarin einen langen, tiefen Schnitt zu. Dann fuhr sie davon. Trotz der schweren Verletzungen schaffte es die 59-Jährige noch, mit ihrem Mobiltelefon die Polizei zu verständigen. Mit dem Rettungshubschrauber wurde sie dann in ein Krankenhaus geflogen. "Lebensgefahr können wir noch nicht ausschließen, aber ihr Zustand ist stabil", sagte ein Polizeisprecher gestern Nachmittag.

Die Hintergründe der Bluttat bleiben rätselhaft, zumal beide Frauen im näheren Umfeld als umgänglich beschrieben werden. Die mutmaßliche Täterin habe laut Polizei bislang nicht gestanden und überhaupt jegliche Aussage in dem Fall verweigert. "Bislang gibt es nur die Äußerungen des Opfers und die Befundaufnahme am Tatort", sagt ein Polizeisprecher. Die Täterin wurde eineinhalb Stunden nach der Tat von der Polizei gefasst, als sie mit ihrem Jeep nach Hause kam. Sie leistete bei ihrer Festnahme keinen Widerstand. Die Polizei erließ gegen sie gestern Haftbefehl wegen versuchten Mordes.

Streit um Grundstücke als Motiv?

In der Nachbarschaft möchte sich niemand öffentlich mit Namen über den Fall äußern. "Wir möchten gerne in Frieden leben, deshalb sagen wir lieber nichts", sagt ein Anwohner. Einige äußern sich dann doch, aber ebenfalls nur anonym. Sie berichten davon, dass das Motiv für die versuchte Tötung möglicherweis ein Streit um Grundstücke gewesen sein könnte. Es habe schon seit Jahren Spannungen in der Nachbarschaft rund um den Tatort deswegen gegeben. Die 49-Jährige soll mit dem Ehemann des Opfers in der Vergangenheit mehrfach in Streit geraten sein und sogar einen handfesten Konflikt gehabt haben. Dieser Fall soll sogar schon einmal vor Gericht gelandet sein. Staatsanwaltschaft und Polizei wollen sich dazu bislang aber nicht äußern - genauso wie die Familie des Opfers.

Selten eskalieren Streitigkeiten unter Nachbarn so wie in Issum. "Das ist auch kein typischer Nachbarschaftsstreit wie der Ärger um die zu hohe Hecke oder den qualmenden Grill", erläutert der Kölner Schiedsmann Klaus Bach (Name geändert). "In diesem Fall ging es allem Anschein nach wohl um Geld. Das hat mit den Zwisten, mit denen ich es zu tun habe, nichts zu tun." Bach arbeitet seit fast 20 Jahren als Schiedsmann. Er ist einer von derzeit rund 1050 Schiedsleuten in NRW, die Streitparteien anrufen können, bevor sie sich an das Gericht wenden. Jedoch müssen dafür beide Seiten bereit sein.

Schiedsleute werden eingeschaltet bei folgenden Delikten: Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, leichte Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung, Bedrohung sowie Sachbeschädigung. Laut Justizministerium landeten in NRW im Jahr 2012 (aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor) insgesamt 5424 Fälle bei Schiedsleuten, davon waren 4118 zivilrechtlich und 1306 strafrechtlich. Nur bei rund 1100 Fällen wurde keine Einigkeit erzielt. Das heißt, dass die Streitigkeiten vor einem Gericht verhandelt oder wegen Nichtigkeit nicht weiter verfolgt werden. "Die Zahlen belegen, dass Schiedsleute mitten in der Gesellschaft angekommen sind und als Schlichtungsstelle akzeptiert werden", sagt ein Sprecher des NRW-Justizministeriums.

Der Tatort liegt am Rande von Issum in der Nähe des Rastplatzes Bönninghardt an der Autobahn 57. Dort erinnert am Tag nach dem Verbrechen kaum noch etwas an die Tat. Die Spurensicherung hat ihre Arbeit abgeschlossen und den Tatort wieder freigegeben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort