Abschied der Schulleiterin in den Ruhestand „Schule ist demokratischer geworden“

Straelen · Heike Hoßbachs letzter Schultag ist der 31. Juli. Dann geht die Schulleiterin des Straelener Gymnasiums in Ruhestand. Ein Rückblick auf Corona-Krise und Smartphones im Unterricht als Chance.

 Die Schulleiterin des Gymnasiums Straelen, Heike Hoßbach, geht bald in Ruhestand. Zeit einen Rückblick zu halten. Die Corona-Zeit hat Schule vor spannende Herausforderungen gestellt und den Zusammenhalt gestärkt.

Die Schulleiterin des Gymnasiums Straelen, Heike Hoßbach, geht bald in Ruhestand. Zeit einen Rückblick zu halten. Die Corona-Zeit hat Schule vor spannende Herausforderungen gestellt und den Zusammenhalt gestärkt.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der Ruhestand steht kurz bevor. Sie können die Tage schon zählen, Ihre Zeit als Schulleiterin am Gymnasium endet. Wenn Sie sich einen letzten Wunsch an der Schule erfüllen könnten, welcher wäre das?

Heike Hoßbach Wenn Sie mich vor drei Monaten gefragt hätten, wäre meine Antwort eine andere gewesen. Man wird ja ganz bescheiden in dieser Zeit. Deswegen sage ich: ein Glas Honig aus der neuen Ernte. Trotz Covid-19 hat der Imkerverband grünes Licht gegeben, dass wir den Honig unserer schuleigenen Bienen schleudern dürfen.

Wenn Sie einen zweiten Wunsch frei hätten, ausnahmsweise, weil es besondere Zeiten sind.

Hoßbach Vor drei Monaten hätte ich mir ein gemeinsames Abschiedsfest mit allen Schülern gewünscht. Aber das geht jetzt nicht. Ich wünsche mir aber, dass die Schüler wieder sichtbar werden. Wir vermissen sie unendlich. Der Schule wünsche ich, dass die intensive Zusammenarbeit, die wir ganz besonders in der Zeit von Corona spüren, so weiter geht. Ach ja, und eine schuleigene E-Mail-Adresse für alle Schüler und Eltern auf einen Schlag.

Wie lange waren Sie jetzt am Gymnasium Schulleiterin?

Hoßbach Schulleiterin bin ich seit dem 26. August 2010. Vorher kam ich als stellvertretende Schulleiterin an das Gymnasium.

War das schon immer Ihr Wunsch, eines Tages Schulleiterin zu werden?

Hoßbach Ich wollte mal Innenarchitektin werden. Mit 18 Jahren war dann ziemlich schnell klar, dass ich Lehrerin werde. Ich habe Nachhilfestunden gegeben und gemerkt, das ist mein Bereich. Wenn man gerne mit Schülern arbeitet und immer mehr Verantwortung übernimmt, war irgendwann der Weg zur Schulleiterin klar. Ich wollte gestalten und Konzepte erstellen.

War dafür das Gymnasium Straelen der richtige Ort?

Hoßbach Den letzten Ausschlag hat tatsächlich diese Schule gegeben. Dadurch, dass die Schule noch eine sehr junge Schule ist, die Eltern in einer besonderen Weise aktiv sind und dass ich dem Kollegium das Gründungsfieber, den Elan, Schule neu zu gestalten und das frisch geschaffene Leitbild unserer Schule umzusetzen, angemerkt habe. Der Gestaltungsfreiraum, den ich dadurch hatte, war viel größer, als ich vorher angenommen hatte, und damit war es tatsächlich mein Traumberuf.

Wie haben Sie Ihre eigene Schulzeit erlebt?

Hoßbach Ich habe ein reines Mädchengymnasium besucht. Damals war die Atmosphäre einerseits autoritär, andererseits gab es auch dort Lehrerpersönlichkeiten, die uns Schüler begeistert haben. Da war der Mathematiklehrer, der auch Theater spielte. Und es gab auch einen Chor.

Was wollten Sie definitiv anders machen?

Hoßbach Ich wollte nie einen Unterricht, der Angst macht oder erzeugt. Das bedeutet nicht, dass Unterricht immer leicht sein muss. Man muss Kindern auch Herausforderungen stellen. Sich zu strecken, bringt auch Wachstum. Mein Ansinnen ist es immer gewesen, Begabungen zu wecken und zu ermutigen, das Lernen durchzuhalten. Außerdem finde ich Bildungsgerechtigkeit sehr wichtig. Auch Kinder, deren Eltern die Schulform Gymnasium nicht selber durchlaufen haben, bekommen die Chance. Das war zu meiner Schulzeit oft anders.

Gehört zur Schule nur die reine Wissensvermittlung oder kann Schule mehr?

Hoßbach Wichtig ist doch, dass ich eine Sinnhaftigkeit erlebe, in dem was ich als Schüler/Schülerin tue. Wissensvermittlung, Bildung ist Teil von Schule. Aber die Aufgabe geht weiter, zum Beispiel in dem ich als Schulleiterin eine Bienenzucht auf dem Schulgelände erlaube und die Schüler damit ihre eigene Firma gründen und einen Blick in die Wirtschaft werfen. Genauso wichtig ist die Gemeinschaft, das was uns gerade so sehr fehlt. Gemeinsame Projekte wie Konzerte oder Ausstellungen machen eine Schulgemeinschaft und die Schulkultur des Städtischen Gymnasiums Straelen aus.

Gibt es Begegnungen, an die Sie besonders gerne zurückdenken?

Hoßbach Das ist das Schöne am Schulleiterberuf, dass man so viele wunderbare persönliche Begegnungen hat. Wir haben ein Gästebuch, dort stehen unter anderem die Treffen mit den Zeitzeugen aus der Kriegszeit, der Besuch aus unserer Patenschule in Tansania. Unvergessen ist die Begegnung mit Günter Grass und die vielen Begegnungen, die dank der Kooperation mit dem Europäischen Übersetzerkollegium in Straelen möglich waren und auch die Begegnungen dank der Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv und unseren Partnerschulen in Tucson und Bayon.

Auf welche Errungenschaften Ihrer Schule sind Sie denn besonders stolz?

Hoßbach Zum einen ist es, dass wir uns immer als Team in der Leitung verstanden haben. Das war gut. Der Blick ging auch immer Richtung Gesundheit, auch die der Schüler. Gesunde Pausensnacks gibt es dank der Fitteria. Mit Hilfe von ganz viel Netzwerkarbeit haben wir die Schule darüber hinaus bekannt gemacht und unseren Unterricht weiterentwickelt.

Was hat sich noch wesentlich zur Schule „von früher“ verändert?

Hoßbach Schule ist demokratischer geworden. Die Demokratisierung hat zu meiner Schulzeit begonnen. Heute ist die Mitbestimmung der Schüler selbstverständlich. Eine Folge war, dass das Handyverbot abgeschafft wurde. Das war die Grundlage für ein neues Medienkonzept auf der Grundlage unserer Lernplattform Moodle.

Wie sieht es mit der Digitalisierung aus?

Hoßbach Wir haben schon früh begonnen, die Smartphones und Tablets mit in den Unterricht zu integrieren. Dankbar sind wir für die offenen Türen der Stadt als Schulträger, für das städtische IT-Team und den breiten Ausbau der W-Lan-Technologie in der Schule. Wir schafften Raum für mutiges Erproben von Apps und Co. Unsere langjährige Erfahrung kam uns nun zu Gute. Uns ging es immer darum, den Unterricht weiter zu verbessern. So wurden wir zur Referenzschule der Zukunftsschule NRW, unter unserer Leitung arbeiten sechs weitere Schulen in einem Netzwerk. Diese Netzwerkarbeit wünsche ich mir als Gemeinschaftsprojekt der weiterführenden Schulen in Straelen.

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