Geschichte in Straelen Der Krieg zwischen Maas und Westwall
Straelen · Grenzüberschreitendes Projekt: Menschen aus Straelen, Velden und Grubbenvorst stellen zwölf Informationstafeln an einer Route zur Geschichte von fünf Jahren Krieg in der Region auf. Sie stehen am Fluss und in der Nachbarschaft.
In den frühen Morgenstunden des 1. September 1939 griff die deutsche Wehrmacht Polen an und löste so den Zweiten Weltkrieg aus. In den frühen Morgenstunden des 10. Mai 1940 übertrat das deutsche Heer von Straelen aus bei Schandelo die deutsch-niederländische Grenze, um 7.45 Uhr war Velden ohne nennenswerten Widerstand in den Händen der Deutschen. Direkt an der Maas war dann doch so etwas wie Gegenwehr zu spüren.
Straelen, Velden und Grubbenvorst erlebten den Zweiten Weltkrieg jeder für sich auf eine ganz eigene Weise. Es dauerte Jahrzehnte, bevor man sich klar darüber wurde, was während der Besatzung bei den Nachbarn geschah. Anlässlich 75 Jahre Befreiung und Kriegsende 2019/2022 steckten Mitglieder des Geschichtskreises Grubbenvorst-Lottum, der Stiftung Veldener Volkskultur in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Straelen und den Ehrenamtlichen des Vereins der Freunde und Förderer des Stadtarchivs Straelen die Köpfe zusammen und starteten des Projekt „Von der Maaslinie zum Westwall“. Zwölf Informationstafeln entlang einer festgelegten Route erzählen die Geschichte von fünf Jahren Krieg.
Die meisten Einwohner der drei Orte wurden gegen Ende des Krieges notgedrungen evakuiert. Die Menschen aus Grubbenvorst zogen nach Sevenum oder noch weiter weg, die Einwohner von Straelen schickte man in den Osten von Deutschland, während ungefähr 2000 Veldener in Viehwaggons per Eisenbahn in die drei nördlichen Provinzen der Niederlande verfrachtet wurden. Velden lag zwischen zwei Frontlinien, nämlich der Maaslinie am befreiten, westlichen Ufer, wo die Alliierten lagen, und der Grenze zu Deutschland, dem sogenannten Westwall.
Bei der Rückkehr fanden die Grubbenvorster und Veldener schwer zerstörte Dörfer vor. Vor allem in Velden war der materielle Schaden enorm. Der halbe Dorfkern war komplett zerschossen. Sowohl der Kirchturm von Grubbenvorst als auch der von Velden war zur Hälfte eingestürzt. Ein abgestürzter britischer Bomber vom Typ Stirling verursachte viele Trümmer in Grubbenvorst. Die genaue Absturzstelle lag 300 Meter südlich der Kreuzung Horst-Venlo und Sevenum-Grubbenvorst. Zwei der sieben Besatzungsmitglieder überlebten wie durch ein Wunder das Unglück.
In Straelen dagegen blieb der Schaden an Gebäuden gering. Dafür kehrten mehr als 500 junge Soldaten nicht mehr zurück von den Schlachtfeldern. Karl Pellens (Freunde und Förderer des Stadtarchivs Straelen) wurde 1944 geboren: „Mein Vater diente in Finnland, aber er fiel in den letzten Kriegstagen in Berlin. In Deutschland wird die Befreiung naturgemäß nicht gefeiert. Wir waren der Aggressor. Wohl wird jedes Jahr der Opfer beider Weltkriege gedacht.“ Das Feindbild aus niederländischer Sicht ist inzwischen glücklicherweise fast vollständig verschwunden.
Straelens Stadtarchivarin Claudia Kurfürst: „Unmittelbar nach der Kapitulation begannen die Alliierten, in unserem Fall die Engländer, mit der Entnazifizierung, der politischen Säuberung. Alle deutschen Erwachsenen wurden untersucht und in drei Gruppen eingeteilt, Täter, Mitläufer und Unbelastete. Diese Entnazifizierung dauerte ungefähr bis 1948. Wer ein reines Gewissen hatte, bekam eine Bescheinigung, im Volksmund „Persil-Schein“ nach dem bekannten Waschmittel. Im Nationalsozialismus hatte man mit dem sogenannten „Ariernachweis“ beweisen müssen, dass man kein jüdisches Blut hatte.“
Die Route der unlängst aufgestellten Informationstafeln verläuft ab dem Grubbenvorster Maasufer durch Velden und Schandelo nach Straelen. Die dazu gehörigen Texte stammen von Pim Bergs (Grubbenvorst), Claudia Kurfürst (Straelen) und den Brüdern Hay und Jan Lucassen (Velden).