Neue Ausstellung im Stadtarchiv In Straelen brannten Hexen

Straelen · Der Hexenbrand wütete ab 1613 über Straelen. 30 Menschen starben auf dem Scheiterhaufen, einige sind namentlich bekannt. Das Stadtarchiv erzählt in einer Ausstellung ihre Geschichten.

  Der Mühlenberg im Jahr 1902. Hexen und Werwölfe wurden hier 300 Jahre zuvor hingerichtet.

Der Mühlenberg im Jahr 1902. Hexen und Werwölfe wurden hier 300 Jahre zuvor hingerichtet.

Foto: Stadtarchiv Straelen

Vor den Toren der Straelener Stadtmauern, in der Holthuyser Heide, nicht weit vom Kloster Zandt, stand der Galgen. Daneben bauten die Scharfrichter große Scheiterhaufen auf. Im 17. Jahrhundert verbrannten hier 30 Frauen und ein Mann, weil man sie für Hexen, Zauberer oder Werwölfe hielt. Nur das Feuer sollte die dämonischen Seelen zerstören können.

Man nennt es den großen Hexenbrand – die Verfolgung von Frauen und Männern, die festgenommen, gefoltert, verurteilt und hingerichtet wurden, weil sie angeblich mit dem Teufel im Bunde standen. In Straelen brach er im Jahr 1613 aus und fand erst 1628 sein Ende.

Damals, vor genau 400 Jahren, lebten etwa 2000 Menschen in Straelen und den umliegenden Bauernschaften. Einer von ihnen war Jan Hußmann, Schornsteinfeger aus dem Herzogtum Jülich. Er war ein Krimineller, der fünf große Brände am Niederrhein legte. In Griet und Wachtendonk, Nieukerk und besonders verheerend in Straelen. 40 Häuser und 60 Scheunen brannten ab – etwa die halbe Stadt.

Die Gerichtsherren witterten Zauberei und Hexerei. Sie nahmen Hußmann fest, brachten ihn in die Kasematten unter dem Mühlenberg und folterten ihn. Nach wenigen Tagen unter Schmerzen gestand er, „dass er ein Werwolf sei“ – so steht es in dem vierseitigen Folterprotokoll, das vor einigen Jahren in einem Privathaushalt aufgetaucht ist. Er starb auf dem Scheiterhaufen in der Holthuyser Heide.

 Jan Hußmanns Geständnis von 1618 liegt im Stadtarchiv Straelen. „Noch bekennende, dass er ein Wehrwolf sei“, heißt es darin.

Jan Hußmanns Geständnis von 1618 liegt im Stadtarchiv Straelen. „Noch bekennende, dass er ein Wehrwolf sei“, heißt es darin.

Foto: Stadtarchiv Straelen

„Jan Hußmann war kriminell, aber kein Werwolf. Das, was ihm und vielen anderen angetan wurde, waren schwere Gerichtsmorde“, sagt Bernhard Keuck vom Stadtarchiv. Der erste bekannte Hexenprozess in Straelen begann am 17. Dezember 1613. Ein Mann namens Peter Paes wurde aufgegriffen und beschuldigt, ein Hexer zu sein. Vermutlich, sagt Keuck, hatte jemand aus dem Dorf ihn denunziert – „besagen“ hieß es damals verharmlost. 20 Tage lang blieb Paes in Gefangenschaft hinter den vier Meter dicken Mauern im Mühlenberg.

Auch er gesteht schließlich unter Folter: Auf dem Hexentanzplatz in der Lohrheide – einem Waldstück zwischen Geldern und Pont – habe er mit dem Teufel getanzt. Mit Silber behängt sei er mit Pferdekutschen dorthin geritten. Er beschuldigt fünf Frauen, beim Hexentanz dabei gewesen zu sein: Grittgen Vretgens, ihre Tochter Belleken sowie deren kleine Tochter Jenniken. Das Kind wird nach einigen Tagen freigelassen, die Frauen aber gestehen nach sechs Tagen in Haft und sterben auf dem Scheiterhaufen. Auch Aleitgen und Marie Werners, zwei Schwestern aus Straelen, sollen nach Paes’ erzwungener Aussage mit dem Teufel getanzt haben. Sie werden am 10. Januar gefangen und nach Roermond gebracht – der damaligen Verwaltungs- und Gerichtshauptstadt. Sie leugnen trotz Folter monatelang die Hexerei. Schließlich gestehen sie doch: Sie sollen schwanger gewesen sein, aber Eidechsen und Hunde geboren und das nackte Hinterteil des Teufels geküsst haben. Einem Hexenprotokoll aus Maastricht zufolge gehörten die Schwester einer der reichsten Familien von Straelen an – ihr Vermögen wurde nach ihrer Hinrichtung von der Kirche konfisziert.

 In den Kasematten unter der Mühle wurden die Angeklagten gefoltert.

In den Kasematten unter der Mühle wurden die Angeklagten gefoltert.

Foto: Stadtarchiv Straelen

Nach dem Ende der Hexenverfolgung ist ein Großteil der Protokolle vom Niederrhein verschwunden – wahrscheinlich wurden sie zerstört. Bernhard Keuck vermutet, dass Gerichtsherren, die sich an den Prozessen bereichert hatten, die Unterlagen ins Feuer warfen. Auch die katholische Kirche habe die erotischen Anspielungen des Hexenkults verpönt.

Das Straelener Stadtarchiv erinnert zum Gelderntag mit einer Ausstellung an die Schrecken vor 400 Jahren. Zu sehen sind dabei auch Zeichnungen des Gocher Künstlers Martin Lersch, der die Leiden der Verurteilten aus Straelen illustriert.

Die Ausstellung ist bis zum 22. September im Stadtarchiv zu sehen. Öffnungszeiten: Di., Mi. und Fr. von 8.30 bis 12.30 Uhr und Do. von 14 bis 18 Uhr.

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