Ehrenamt über den Tellerrand hinaus Heribert Hölz: Ein Leben für die Bosnienhilfe

Gelderland · Die Not des Landes lässt den 77-Jährigen nicht los. Renten von 25 Euro im Monat tritt er mit Hilfe zur Selbsthilfe entgegen.

 Heribert Hölz (r.) und seine Frau Ursula (l.) von der Bosnienhilfe helfen den Familien vor Ort unter anderem mit Schafen ihre Existenz zu sichern.

Heribert Hölz (r.) und seine Frau Ursula (l.) von der Bosnienhilfe helfen den Familien vor Ort unter anderem mit Schafen ihre Existenz zu sichern.

Foto: Hölz

Es sind zunächst immer die anderen, denen Heribert Hölz den Vortritt lässt. Er lobt den Einsatz der St.-Georgs-Pfadfinder von St. Maria Magdalena Geldern, außerdem das Engagement der Schüler der Liebfrauenschule, dazu kommen noch zahlreiche Kindergärten und viele andere. Alle haben ein Ziel: Sie sammeln für die Bosnienhilfe.

Hölz, mittlerweile 77 Jahre alt, wird nicht müde, dorthin zu fahren, wo von 1992 bis 1995 Krieg herrschte. Er wird auch nicht müde, 25 Jahre später zu erklären, warum Hilfe immer noch nötig ist. Zu oft muss er es erklären. „Über Bosnien spricht doch keiner mehr, da müssen die Leute selbst klar kommen“, sagen diejenigen, die noch nicht das Land besucht haben, den 90-Jährigen, durch deren Dächer es regnet. Selbst klar kommen, das geht eben nicht, sagt Hölz vehement. Und wenn er sich aufregt, dann redet er schneller. „In Bosnien, da gehen die Uhren eben anders.“ Wenn er durch die Straßen fährt, dann sind da immer noch kaputte Schulen. In einem Land so groß wie NRW gebe es 127 Minister. Es gebe Korruption. „Es wird nicht an den anderen gedacht.“ Es gibt Leute, die haben 25 Euro Rente im Monat. „Das weiß doch jeder, das geht doch gar nicht.“ Hölz spricht lauter und schneller. „Am liebsten möchte ich das hinausschreien.“

Stattdessen sammelt er Spenden. Jahr um Jahr. 1992 fährt er das erste Mal in vom Kriegs zerrüttete Land. Er baut verschiedene Projekte auf. Da ist zum einen die Alten- und Krankenhilfe, denn Infrastruktur und Gesundheitssystem wie bei uns sind Fehlanzeige. Jedes Jahr braucht Hölz dafür 25.000 Euro. In der 130.000-Einwohner-Stadt Zenica mit 50 Prozent Arbeitslosigkeit wird mit Spenden für die Bosnienhilfe eine Suppenküche finanziert. Dafür brauche er jedes Jahr 30.000 Euro, sagt Hölz. Bezahlt werden von dem Geld zwei Köchinnen, die in Teilzeit arbeiten, und ein Mann, der das Essen rumbringt zu den Menschen, die alt oder gebrechlich sind oder eine Behinderung haben. Es wurde noch eine zusätzliche Suppenküche übernommen, die mit 15.000 Euro am Laufen gehalten wird. 20.000 Euro im Jahr werden in Projekte an Schulen gesteckt. Dort wurde eine kleine Landwirtschaft mit Schafen und Kühen aufgebaut. Außerdem wird mit den Spenden beim Aufbau einer Kleinbauerngenossenschaft geholfen. Und dann sind da noch die klassischen Projekte: Schafe für Familien, eine Hilfe zur Selbsthilfe. Die Schafe liefern Wolle und Milch und vermehren sich im besten Fall.

Im vergangenen Jahr konnte Hölz dank der Spenden 150.000 Euro verteilen. Vor der Reise macht er sich immer einen Finanzplan. Der letzte Posten heißt immer „Sonstiges“. Denn wenn er erst einmal im Land unterwegs ist, spreche sich das rum wie ein Lauffeuer. „Ich fahre durchs Land und bin jeden Tag woanders.“ Die Leute schildern ihm ihre Nöte. Das Gefühl der Menschen ist immer das gleiche: „Sie sind nicht vergessen“, sagt Hölz.

Er zückt aus seinen Unterlagen einen Brief hervor. Die E-Mail erreichte ihn kurz vor Weihnachten aus Bosnien. „Sehr geehrter Herr Hölz, es ist ein wunderschönes Gefühl zu wissen, dass es jemanden gibt, der dir in schweren Zeiten hilft, dich unterstützt“, schreibt ihm ein Mann aus Bosnien. Dabei sieht sich Hölz nur als Überbringer der guten Nachricht. Derjenige, der die Spenden hinbringt und sinnvoll verteilt. „Nur durch die Hilfe vieler ist das möglich“, betont er immer wieder und denkt dabei an die Pfadfinder und die vielen anderen.

 Diese Schilder warnen vor Minen in Bosnien.

Diese Schilder warnen vor Minen in Bosnien.

Foto: Hölz
 Heribert Hölz (l.) und seine Frau Ursula helfen den Familien in Bosnien unter anderem durch den Kauf von Tieren, damit sich Familien damit selbst versorgen können.

Heribert Hölz (l.) und seine Frau Ursula helfen den Familien in Bosnien unter anderem durch den Kauf von Tieren, damit sich Familien damit selbst versorgen können.

Foto: Hölz

Immer an seiner Seite ist seine Frau Ursula. Auch sie: eine Helferin. Sie kocht Marmelade ein. Der Erlös fließt in die Bosnienhilfe. „Das ist schon ne Nummer“, ist so einer seiner Lieblingssätze, wenn er auf das Engagement der vielen Menschen in 25 Jahren zurückblickt. Sein persönlicher Antrieb ist auch sein Glaube. „Wenn ich als Christ ernst genommen werden will, dann muss ich auch abgeben“, sagt er. Dass sich so viele Menschen von der Bosnienhilfe haben anstecken lassen, sieht er als Geschenk. Darüber will er nicht schweigen. Die Leute sollen wissen, dass ihr Geld ankommt. Deswegen wird er nicht müde, davon zu erzählen.

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