Versandhandel für Drogen in Kapellen Prozess um Internet-Drogenhandel

Kapellen/Geldern · Mitte März hat die Polizei bei einer Razzia in Kapellen große Mengen Drogen sichergestellt. Ein IT-Fachmann soll, so die Anklage, Haschisch und Marihuana übers „Darknet“ verkauft und per Post verschickt haben. Jetzt begann der Prozess.

 Das „Darknet“ hat sich inzwischen auch zu einem Umschlagplatz für Drogen entwickelt.

Das „Darknet“ hat sich inzwischen auch zu einem Umschlagplatz für Drogen entwickelt.

Foto: thinkstock

Ausführlich schilderte der heute 37-jährige Angeklagte aus Kapellen am Mittwoch am ersten Prozesstag im Landgericht Kleve seine Sicht der Dinge. Vorgeworfen wird ihm, von seinem Wohnhaus aus einen illegalen „Versandhandel“ für Drogen betrieben zu haben.

Seit dem 15. März, dem Tag der Wohnungsdurchsuchung, ist er in Untersuchungshaft. Bei der Polizeiaktion wurden insgesamt 20,6 Kilogramm Haschisch und 16,9 Kilogramm Marihuana im Keller des Angeklagten sichergestellt. Zudem wurden von der Polizei über 160 Drogenpakete dokumentiert, die der Beschuldigte per Post verschickt haben soll. Er habe dazu Post-Kästen in seiner Umgebung genutzt, unter anderem im Raum Sonsbeck, heißt es. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Mann zwischen Anfang 2016  und Frühjahr 2018 bis zu 800 Pakete mit  Haschisch oder Marihuana auf den Weg gebracht hat.

Der 37-Jährige berichtet von Schicksalsschlägen in seinem familiären Umfeld. Familienmitglieder und Nahestehende seien an unterschiedlichen Formen von Krebs erkrankt. Diesen habe er mit Cannabisprodukten, insbesondere einem Cannabis-Öl, eine wirksame Arznei und Therapie bieten wollen. Er habe sich hierfür im anonymisierten Tor-Netzwerk, dem „Darknet“, mit Leuten  ausgetauscht.

In diesem Netzwerk habe er einen Kontaktmann kennengelernt, den er „Arzt“ nannte. Dieser „Arzt“ habe ihm kleine, 100 Euro teure Fläschchen mit Hasch-Öl angeboten, welche er erworben habe, um seinen Angehörigen zu helfen. Die Käufe habe er mittels der Kryptowährung „Monero“ getätigt.

„Nach dem Bestellen von fünf Ampullen war ich stolz, ein Lebensretter zu sein. Ich kenne einen Jungen mit einem Gehirntumor, der kurz vor dem Tod stand. Dank des Hasch-Öls ging es ihm am Ende seiner Tage wieder gut. Er konnte sogar dank des Öls Fußball spielen“, erzählte der Angeklagte.

So sei eine Kooperation zwischen ihm und dem „Arzt“ entstanden. Der Angeklagte berichtete, er habe vom „Arzt“ Empfängeradressen erhalten, an die er per Post in handelsüblichen Polsterumschlägen Haschisch und Mariuhana versenden sollte. Ob die Empfänger auch wirklich krank waren, ist unklar. Erst als eine Großlieferung mit unterschiedlichen Cannabis- und Haschsorten ankam, habe er nicht mehr daran geglaubt, dass die Ware nur an  „Bedürftige“ gehe, so der Beschuldigte.

Er habe die Kooperation mit dem „Arzt“ im März 2016 beenden wollen, doch dann sei er bedroht und zum Weitermachen gezwungen worden: „Drei, vier Männer kamen zu mir nach Hause.“ Einer, genannt „Rocky“, habe ihn aufgefordert, die Päckchen weiterhin zu versenden. „Ein anderer hieß ‚Mazedonier‘, der hatte eine Schusswaffe und sagte mir, er habe bereits schon Leute auf dem Gewissen“, erzählte der Gelderner weiter. „Ich hatte Angst um mich und meine ganze Familie.“ Also habe der 37-Jährige mit seinem „Drogen-Versandhandel“ weitergemacht und immer größerer Mengen Marihuana und Haschisch erhalten.

Ob es das Online-Forum mit dem „Arzt“ gibt, ist für die Staatsanwaltschaft aus technischen Gründen nicht nachweisbar: Alle Chatverläufe wurden automatisch gelöscht.

Der Angeklagte beteuerte, er habe für seinen Drogenversand keine Entlohnung, sondern lediglich alle paar Monate ein Hasch-Öl-Fläschchen für seine erkrankten Angehörigen erhalten. Dies wirkt für die Staatsanwaltschaft aber unglaubwürdig, da der Angeklagte eigene Investitionen zur Versandoptimierung getätigt hat, etwa durch den Kauf einer Portionsmaschine für 200 US-Dollar.

Die Fortsetzung der Verhandlung findet am 12. September. um 10 Uhr statt.

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