Dorfspaziergang in Geldern Brötchenmangel im Hunde- und Bienenparadies

Hartefeld · In Hartefeld ist man rund ums Wasserwerk mitten im Grünen. In der Gelderner Ortschaft trifft man auch auf einen Fachmann für Honig. Und es gibt reichlich Platz, um seine Vierbeiner auszuführen.

Geldern: Ein Dorfspaziergang durch Hartefeld
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Ein Dorfspaziergang durch Hartefeld

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Foto: Monika Kriegel

Wo gibt es in Hartefeld eigentlich frische Brötchen fürs Frühstück? Beim Dorfspaziergang durch die Gelderner Ortschaft am Vormittag erschloss sich die Antwort nicht auf Anhieb. Kein Einzelhandelsgeschäft mehr. Kontaktloses Zahlen erübrigt sich ergo in einer solchen Situation. Geldautomat der Sparkasse? Fehlanzeige. Nur noch der Bankautomat der Volksbank an der Niers versorgt die Hartefelder vor Ort mit Barem.

Immerhin: Den passenden Aufstrich – zum nicht vorhandenen Brötchen – gibt es kontaktfrei vor der Haustür bei Imker Michael Verheyen im Hartefelder Dyck. Das Honigglas befindet sich in Styropor geschützt in der gelb-schwarzen, ausgedienten Honigschleuder. „Ich bin ja auch Vorsitzender des Imkervereins Straelen. Dort fielen im Frühjahr die Fortbildungsveranstaltungen aus. Sonst treffen wir uns ab März etwa alle sechs Wochen und fachsimpeln zu Bienen-Themen“, erzählt Verheyen. Ungeachtet der Einschränkungen folge die Natur dem Bio-Rhythmus. „In diesem Jahr sind wir sogar zeitig gestartet, weil die Blüten von Birke, Weide, Apfel, Kirsche oder Linde durch den milden Winter früher einsetzte. Sonst enden wir um den 20 Juli, die Saison ist jetzt schon abgeschlossen“, beschreibt der Bienenfachmann, dass der Honig nur noch reifen müsse.

Das bedeutet, dass der Nektar noch beim Bienenvolk verbleibe, bis er einen Wasseranteil von 18 Prozent hat. Die Biene setze dann den Deckel drauf, und der Imker könne dann den Honig zum Schleudern entnehmen.

Nicht nur am Hartefelder Wasserwerk stehen Verheyens 29 Völker. Sie sind verteilt auf Standorte in Issum, Achterhoek und Vernum. Die Nachfrage nach dem süßen Naturprodukt, so Verheyen, sei für sein Empfinden etwas gestiegen. „Man kann merken, dass sich viele Leute im Homeoffice befanden“, schlussfolgert er daraus. Der Hartefelder Dyck lädt geradezu zum Spazieren ein. Also: Einmal rund um das Wasserwerk der Stadtwerke Geldern, dem Reservoir für die gesamte Stadtversorgung, laufen. Für die Ökopunkte wurde eine Streuobstwiese angelegt, die in wenigen Jahren seit der Anpflanzung Konturen bekommen hat. Wie aus einer anderen Film-Szene lädt eine Parkbank am Wegesrand ein, von hier aus den Blick über die Felder schweifen zu lassen. Jedoch: Eigentlich sollte der Spaziergang weiter hinein ins Dorf führen.

Dort, am Rand der beliebten Bürgerwiese, sind vergnügte Kinderstimmen vom Spielplatz zu hören. Gregor Zörnig ist auch unterwegs und führt seine Hunde „Fiby“ und „Chester“ aus. Er steuert den Heimweg zum Wohngebiet Buykersweg nach der Hunde-Mittagsrunde an. „Nein, ich spüre direkt keine Einschränkung hier in Hartefeld“, überlegt der 65-Jährige. Er sei seit Neuestem ein „glücklicher Rentner“, während seine Ehefrau noch in einer karitativen Einrichtung arbeite.

Dann fällt ihm doch noch ein, wie die Pandemie sein Leben hier einschränkt. „Wir haben in der Gaststätte ,Zur Schmiede’ vergangenen Freitag erstmals nach drei Monaten wieder gekegelt. Herrlich, dieses Gefühl, die Kegelbrüder von ,Los Promillos’ bei Dragan alle wiederzusehen. Es gab viel zu erzählen. Sie wissen ja, wie das ist bei den Männern: Alltag, Fußball, hier und da was Geschäftliches“, zählt der Hartefelder auf. Mit den beiden Hunden müsse er sowieso zwei- bis dreimal am Tag vor die Tür. „Das senkt das Herzinfarkt-Risiko, hat mein Arzt behauptet. Und hier in Hartefeld bin ich seit 31 Jahren zu Hause. Musste aus beruflichen Gründen von Köln aufs ,Dorf’ ziehen. Hier bin ich Mitglied in der Bruderschaft“, scherzt er und fügt glaubhaft hinzu, dass er inzwischen in Hartefeld verwurzelt sei. Das Miteinander innerhalb der Vereine sei hier sehr intensiv. Weiter auf der Hartefelder Dorfstraße läuft Christina Rossow mit Tibetterrier eine Runde an der „frischen Luft“, wie sie es inzwischen schätzt. Es ist ein Ausgleich zum Alltag mit  Maske wegen Corona. Heute habe sie ihren freien Tag. „Das ist doch herrlich, sich hier den Wind um die Nase wehen zu lassen. Wenn ich bedenke, dass diese frische Brise noch vor rund zwei Stunden von der holländischen Nordsee aufs Land geweht ist …“, schwärmt die Hartefelderin. Auch sie hat sich diesen Ort zum Wohnen und Leben ausgewählt. „Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man aus der Stadt hierher zieht: Es ist klein, dörflich, ländlich, gut für die Kinder. Sie genießen es“, erklärt die Hundebesitzerin, warum sie vor 38 Jahren nach Hartefeld zog und es nie bereut hat.

Bleibt noch die Frage, wo es frische Brötchen in Hartefeld zu kaufen gibt. „Die haben sich doch alle mit Hefe eingedeckt“, gibt Klaus Verheyen scherzhaft zur Antwort. Schließlich steht samstags morgens ein mobiler Bäckerverkaufswagen auf dem Marktplatz, flankiert von einem Obst- und Gemüsehändler. Ansonsten bleibt den Hartefeldern und Vernumern nichts anderes übrig, als in die nahe Stadt Geldern oder bis Sevelen zu fahren.

Die Rückreise ins eigene Dorf Walbeck mit zwei Bäckern, einem Discounter, Arzt, Apotheke einem Metzger, einem Lebensmittelgeschäft gestaltet sich nachdenklich. Fast schon Luxus, dass in diesem Wohnort noch so viele Dinge die Versorgung des täglichen Lebens garantieren. Gibt es da nicht gerade eine Kampagne, die örtlichen Geschäfte in Corona-Zeiten zu unterstützen? Es gibt dafür viele gute Argumente.

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