Europapolitik Schüler „erspielen“ ein neues Europa-Gesetz

Geldern · Beim „Planspiel Europapolitik“ ging es darum, wie das Staatenbündnis sich die eigenen Regeln schafft.

 Bei der Beratung über neuen Gesetzesentwurf geht es um unterschiedliche politische Ansichten und die Interessen der Mitgliedsländer, um Kompromisse und Zugeständnisse.

Bei der Beratung über neuen Gesetzesentwurf geht es um unterschiedliche politische Ansichten und die Interessen der Mitgliedsländer, um Kompromisse und Zugeständnisse.

Foto: Sina Zehrfeld

Bea Petry sitzt, wo sie sich unter normalen Umständen ganz und gar nicht wohl fühlen würde: ganz rechts außen, im politischen Sinne. In der Rolle der „Alessia Fiorino“ hat sie im Europäischen Parlament – verkörpert durch ihre Mitschüler – die Fraktion der national-konservativen, rechts-populistischen Parteien zu vertreten. Handlungsanweisung: „Ich muss eher auf die Landesinteressen gucken als auf die Gemeinschaftsinteressen.“

Im „Planspiel Europapolitik haben 25 Schüler des zwölften Jahrgangs am Berufskolleg Geldern ein europäisches Gesetzgebungsverfahren durchgespielt. Es ging – top-aktuell – um das Thema Datenschutz.

Hinter dem Projekt steht das Düsseldorfer „Civic Institut für Internationale Bildung“, das es im Auftrag der Europäischen Kommission an die Schulen bringt. „Die Idee ist gerade nicht, dass die Schüler ihre eigenen Positionen vertreten. Sondern eben die des bulgarischen Justizministers oder der irischen Abgeordneten der Linken“, erläutert Inka Schoewe von „Civic“.

Die Teilnehmer müssen Mehrheiten suchen, Zugeständnisse machen, Kompromisse schließen. „Die Schüler sollen Politik erleben“, sagt Schoewe: „Verstehen, was es für eine Herausforderung ist, zwischen 28 EU-Staaten eine gemeinsame neue Regel auf den Weg zu bringen.“

Das zeigt sich im „Rat der EU“ im Klassenzimmer. Es geht darum, ob und wie Bürger Daten löschen lassen können, die Unternehmen über sie gesammelt haben. Die Vertreterin von Griechenland will im Gesetzestext die Passage „bei Nachweis eines berechtigten Interesses“ gestrichen wissen. Der Sprecher Italiens legt dar: „Viele unserer Bürger sind mit dem Internethandel nicht so vertraut.“ Er will, dass die Daten-Löschung für Verbraucher kostenfrei bleibt. Spanien schlägt vor, dass Bürger und Firmen sich die Kosten teilen sollten. Der italienische Amtskollege traut den Firmen aber nicht.

Im Europäischen Parlament nebenan geht es derweil darum, wie Daten-Löschungen überhaupt praktisch umgesetzt werden sollen. „In der EU leben 500 Millionen Menschen“, gibt ein sozialdemokratischer Sprecher zu bedenken: „Wer soll das alles machen?“

Eigentlich habe sie bisher nicht recht gewusst, wie ein EU-Gesetz entsteht, sagt Julia Klaßen, die eine Vertreterin Griechenlands spielt: „Man bekommt da ja ziemlich wenig von mit.“ Sie fand interessant, wie offen diskutiert werden kann, aber auch, „dass die großen Länder viel mehr zu sagen haben“. In diesem Fall erlebte sie: Als Deutschland und Spanien sich einig waren, konnten mehrere kleinere Länder mit ihren Auffassungen nicht dagegen an. „Da wurden Länder eigentlich übergangen.“

Dass es am Ende eine Einigung gibt, ist beim Planspiel nicht selbstverständlich. Es kann sein, dass der Prozess scheitert. Im Gelderner Berufskolleg hat es aber doch noch geklappt: Die Schüler verabschiedeten ein neues Datenschutzgesetz.

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