Kunst in der Stadt Viel bunte Farbe für graue Wände

Geldern · Das erste Paint-on-Walls-Festival in Geldern zog Künstler und Besucher gleichermaßen an. Bis zum kommenden Jahr bleiben die Kunstwerke an den Wänden erhalten, dann soll das nächste POWF mit den Straßenmalern stattfinden.

 Die Auswahl an Farben und Formen war groß. Das Festival bot die Gelegenheit, sich von den Techniken und dem Entstehen der Werke begeistern zu lassen.

Die Auswahl an Farben und Formen war groß. Das Festival bot die Gelegenheit, sich von den Techniken und dem Entstehen der Werke begeistern zu lassen.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Samstagmorgen um 10 Uhr auf dem Parkplatz an der St.- Michael-Schule: Akkuschrauber laufen warm, Malervlies wird befestigt, das Klackern von Spraydosen, die geschüttelt werden, ist aus mehreren Ecken zu hören. Ein geschäftiges Treiben herrscht auf dem Platz. Rund herum finden sich noch graue Wände, ein löchriger Asphalt und ein trostlos wirkender Raum, der erobert werden will. Durch die aufgestellten Sitzgelegenheiten, Verkaufsstände und ganz viel Raum wurden die besten Voraussetzungen für ein entspanntes Wochenende in Geldern geschaffen.

 Stefan Janßen arbeitete mit Kreide und viel Liebe zum Detail an seinem Kunstwerk.

Stefan Janßen arbeitete mit Kreide und viel Liebe zum Detail an seinem Kunstwerk.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die ersten Künstler haben sich schon in ihre Bilder vertieft, wie zum Beispiel Ruth Brauers, eine von zwei Kreidekünstlern, die hier auf Holzwände malen. Ihr Motiv ist ein buntes Portrait von Salvador Dalí. Auch der Organisator des Festivals, Mattez Deckers, ist mit einem eigenen Bild vertreten. Allerdings kommt er vor lauter Organisation erst am späten Nachmittag dazu, die Planungsliste gegen die Spraydose zu tauschen. Ziel des Festivals war für ihn, ein Event für alle zu schaffen, mit Mainstream-Künstlern und lokalen Künstlern. „Alle sollen sich hier wohl fühlen. Die Gäste und die Künstler.“ Seine erste Begegnung mit Graffiti hatte er mit zwölf Jahren. Da lief im Ferienprogramm im Fernsehen ein Bericht über die damals aufkommende Szene. „Einer der ersten Sprayer der sich in den Medien öffentlich gezeigt hat, war CAN2 (Fedor Wildhardt). Er hat die ,verbotene Szene’ raus in die Öffentlichkeit gebracht“, sagt Mattez Deckers. Ihm habe er viel zu verdanken. „Dass werde ich ihm glaube ich gleich auch noch mal sagen, er ist nämlich auch hier.“ Für die Vorbereitung des Festivals habe er viel Unterstützung bekommen. „Alles lief super freundschaftlich und echt entspannt.“ Gegen Mittag füllt sich der Platz mit Menschen aus jeder Altersklasse. Die fetten Beats der beiden DJs Phatlib und Henk M.F. sind durchdringend, ohne störend zu sein. Familien mit ihren Kindern lassen sich entspannt nieder und können die Kinder auch mal selbst an die „Dosen“ lassen. Das Angebot des Check Point wird sehr gut angenommen. Graffiti-Kunst scheint in den Köpfen der Menschen zum Glück nicht mehr nur unter „Schmierereien an den Häuserwänden“ abgelegt zu sein, sondern erlangt immer mehr Aufmerksamkeit durch die Schönheit und oft auch soziale Statements. Deren berühmtester Vertreter ist aktuell wohl Banksy. Der bleibt allerdings lieber unerkannt.

Wer die Profis hingegen beim Arbeiten in Geldern beobachtet, kann sehen, dass voller Körpereinsatz gefordert wird. So manche Bewegungen erinnern an Tanzbewegungen, weich und ausladend. Dann sind es wieder kurze und abgehackte Bewegungen. Die Künstler sind konzentriert, wirken wie abgetaucht in eine eigene Welt, die durch ihre Bilder sichtbar wird. Zum Teil erwartet den Betrachter eine Farbwucht und ein Motiv, das man nicht mit einem flüchtigen Blick erfassen kann.

 Junge Sprayer bekamen am Wochenende ebenfalls die Möglichkeit, sich zu verwirklichen.

Junge Sprayer bekamen am Wochenende ebenfalls die Möglichkeit, sich zu verwirklichen.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Das Konzept von Mattez Deckers für Geldern ist voll aufgegangen. Durch die zahlreichen Sitzmöglichkeiten können die Besucher verweilen, die Entstehung des Kunstwerkes Schritt für Schritt beobachten, ein wenig von den Techniken bestaunen und sich von Musik und Geräuschkulisse treiben lassen. Die 23 Künstler hatten untereinander einen schönen Austausch und brachten das Gefühl von Urlaub in die Landlebenstadt. Bis zum kommenden Jahr bleiben die Kunstwerke an den Wänden erhalten, dann soll das nächste POWF (Paint-on-Walls-Festival) gemeinsam mit den Straßenmalern stattfinden.

 Der Reiz des Festivals bestand auch darin, dass Besucher den Künstlern über die Schulter schauen konnten.

Der Reiz des Festivals bestand auch darin, dass Besucher den Künstlern über die Schulter schauen konnten.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Ruth Brauers aus Geldern, die hauptberuflich Schriftstellerin ist, wird sich dann entscheiden müssen, ob sie ihr nächstes Kreidebild wieder auf eine Holzplatte malt oder ob sie dann auf das Straßenpflaster der Innenstadt malt.

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