Junge Ratsmitglieder im Gelderland Zwischen Werkstatt und Ratssaal

Serie | Geldern · Leon Rütten von der CDU gehört zu den wenigen jungen Politikern, die im Gelderner Rat sitzen. Im Gespräch verrät er, warum die Kommunalpolitik ihn manchmal verrückt macht und was er in seinem Heimatort verändern möchte.

 Mit 24 Jahren ist Leon Rütten aus Walbeck eines der jüngsten Ratsmitglieder.

Mit 24 Jahren ist Leon Rütten aus Walbeck eines der jüngsten Ratsmitglieder.

Foto: Norbert Prümen

Sich ungestört mit Leon Rütten zu unterhalten, ist an einem normalen Arbeitstag schwer. Erst klingelt das Telefon, kurz darauf kommt spontan ein Kunde vorbei, der Azubi hat eine Frage und die nächste Besprechung steht schon in zehn Minuten an. Kurzum: Der Terminkalender des 24-Jährigen platzt aus allen Nähten.

Trotzdem findet Rütten die Zeit, sich im Gelderner Stadtrat zu engagieren. Selbst die Zimmerermeister-Ausbildung in Aachen war für ihn kein Grund, kommunalpolitisch zurückzustecken. Wie das funktioniert? Indem man manchmal Abstriche macht. Zum Beispiel bei der Kleidungswahl: „Zu Fraktionssitzungen komme ich notfalls auch in Arbeitskleidung“, berichtet Rütten und fügt augenzwinkernd hinzu. „Zu den Ratssitzungen aber natürlich nicht.“ Auch, wenn er aus beruflichen Gründen einen Termin nicht wahrnehmen kann, zeigen seine Gelderner Parteikollegen viel Verständnis.

Sie kennen den jungen Handwerker schon lange, denn Rütten entschied sich früh für ein politisches Engagement – und eine politische Richtung. Die christdemokratische Prägung wurde ihm im Elternhaus quasi in die Wiege gelegt. Als Jugendlicher entwickelte er zudem eine Faszination für Geschichte. In Kombination führt beides den damals 14-Jährigen auf direktem Weg zur Jungen Union. In der Jugendorganisation der CDU findet er viele Gleichgesinnte. Gleichzeitig wird aus politischem Interesse immer mehr echte Begeisterung.

„Andere himmelten Fußballstars an, ich eher Berufspolitiker“, erzählt er mit einem Lachen. Vor allem Typen, die sagen was sie denken und eine klare Sprache sprechen, gefallen Rütten. Auch er selbst kommt schnell auf den Punkt. In seinem Beruf seien die Menschen nun mal sehr direkt und ehrlich, sagt der Zimmerer- und Tischlermeister. Geradeheraus und schnörkellos würde er am liebsten auch Politik im Gelderner Rat machen. Dass so der kommunalpolitische Hase aber meistens nicht läuft, weiß Rütten inzwischen. Drei Jahre lang war er Sachkundiger Bürger im Rat der Herzogstadt und saß ab 2017 selbst als Nachrücker auf einem der 42 Ratsstühle. „Ich kriege manchmal einen Rappel, wenn lange über Themen hin und her diskutiert wird“, sagt er.

Motivation, die langwierigen Diskussionen durchzustehen, holt der Walbecker sich über kleine Erfolge, die im politischen Alltagsgeschäft gefeiert werden. „Bei uns am Friedhof gab es an den Seiten echt unschöne Steinplatten. Das hat mich jedes Mal aufgeregt, wenn ich vorbeigefahren bin“, berichtet er. „Als dann dort Beete angelegt wurden, war das ein super Gefühl. Man merkt in solchen Momenten: Ich kann helfen, den Ort positiv zu verändern.“ Walbeck und die Region liegen Rütten am Herzen, das wird schnell klar, wenn er detailliert erzählt, was er im Gelderner Stadtrat verändern und voranbringen möchte. Fünf Jahre hat er jetzt Zeit dafür. Die Walbecker haben ihn im Herbst zum Ratsmitglied gewählt.

Ein wichtiges Anliegen ist Rütten der Erhalt und der Ausbau der Walbecker Infrastruktur. Vor allem das ÖPNV-Netz soll engmaschiger und größer werden – etwa um Reisen nach Holland zu vereinfachen. „Die Nähe zueinander und der länderübergreifende Austausch ist schließlich ein großartiger Vorteil, den unsere Region bietet“, erklärt er.

Distanzen abbauen will der 24-Jährige auch im politischen Tagesgeschäft. So freut er sich auf den direkten Dialog mit den Bürgern, etwa über die Entscheidungen des Bau- und Planungsausschusses in dem er sitzt. Und das, obwohl das Thema komplex und er eher der ungeduldige Typ ist. „Die Leute müssen das Gefühl haben, dass Politik transparent ist und ihnen Vorgänge genau erklärt werden“, sagt Rütten ernst. Oft sei in der Realität aber das Gegenteil der Fall: „Es wird zu viel in komplexen Sätzen gesprochen.“ In diesem Zusammenhang wünscht sich der Walbecker niederschwelligere Beteiligungsmöglichkeiten in der Politik. Er denkt zum Beispiel an die Parteibasis. „Wenn Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen ihre Perspektiven einbringen, kann das nur förderlich sein“, ist er sich sicher. Die Leute müssten aktiv mitgenommen und deutlicher über politische Prozesse aufgeklärt werden. Auch für junge Menschen würde die Politik so attraktiver werden.

Rütten selbst will sich nach Möglichkeit noch lange für Walbeck in der Kommunalpolitik engagieren. Auch wenn das mit seinem vollen Terminkalender nicht immer ganz einfach ist. „Bislang hat es immer gut funktioniert. Das sollte also auch in Zukunft klappen“, sagt er und muss sich kurz danach verabschieden. Die Arbeit ruft.

(cwe)
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