Schlaganfallhilfe im Gelderland Das Schlaganfall-Mobil fährt nicht mehr

Nieukerk · Fast ein Jahrzehnt fuhr Bernd Stara mit dem Schlaganfall-Mobil durch das Gelderland. Wegend der Pandemie musste er damit aufhören – und wird auch nicht mehr losfahren. Das Moped möchte er verkaufen.

 Bernd Stara hatte selbst einen Schlaganfall, bevor er der Schlaganfallhilfe Geldern beigetreten ist. Heute ist er ihr Sprecher. Und auch sonst ist der 74-Jährige ehrenamtlich engagiert.

Bernd Stara hatte selbst einen Schlaganfall, bevor er der Schlaganfallhilfe Geldern beigetreten ist. Heute ist er ihr Sprecher. Und auch sonst ist der 74-Jährige ehrenamtlich engagiert.

Foto: Norbert Prümen

Bernd Stara sagt, man kann sein Leben in zwei Hälften teilen. In ein „Davor“ und ein „Danach“. Im Leben „Davor“ war er Verkaufsleiter, dann Gastronom, dann wieder Verkaufsleiter. Er habe viel gearbeitet, bis zu 16 Stunden am Tag. Dieses Leben „Davor“ sei laut Stara auch Grund für das „Danach gewesen. „Der Auslöser war der Stress“, sagt der 74-Jährige Nieukerker.

1997 sitzt Bernd Stara auf dem Sofa eines Freundes, er soll auf dessen Kinder aufpassen. Plötzlich spürte einen Druck auf dem Kopf, konnte nicht mehr Aufstehen. Irgendwann kämpft er sich doch hoch, geht ein paar Meter spazieren. Doch der Druck im Kopf war noch immer, er konnte Arme und Beine nicht mehr bewegen. „Ich habe aber gedacht, komm ich Schlaf eine Nacht drüber“, sagt er heute. Ein Tag später ruft er beim Arzt an, er schickt ihn sofort ins Krankenhaus. Diagnose: Schlaganfall. „Ich konnte die Symptome nicht zuordnen“, sagt Stara. In der Reha traf es ihn ein zweites Mal. Er musste vieles neu lernen: Sprechen, laufen, der eigentliche Rechtshänder schreibt heute mit links, mit der rechten Hand fällt es ihm schwer.

 Das Schlaganfall-Mobil soll verkauft werden. Interessenten für das alte DDR-Mofa können sich bei Bernd Stara melden.

Das Schlaganfall-Mobil soll verkauft werden. Interessenten für das alte DDR-Mofa können sich bei Bernd Stara melden.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Zwei Jahre nach seinem Schlaganfall liest er in der Rheinischen Post von einer Selbsthilfegruppe, die sich formieren möchte. „Dann habe ich mir in den Hintern getreten und bin dort hingegangen“, sagt Stara. Von alleine wäre er wohl nicht auf die Idee gekommen, zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen. Er war bei der Gründung dabei, ist heute Sprecher Schlaganfallhilfe Gelderland. Momentan sind das 27 Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben und sich regelmäßig treffen, sich austauschen, Vorträge anhören und selbst Vorträge geben.

Vor gut zehn Jahren wurde die Gruppe dann auch in der Öffentlichkeit in Geldern immer präsenter. Auf dem Schützenfest in Winternam stand Stara so lange mit einem befreundeten Polizisten an der Theke, bis er ihm sein „Simson Duo“, ein altes DDR-Mofa, für 200 Euro abkaufte. Stara hatte schon länger die Idee, ein Schlaganfall-Mobil zu fahren. Die Selbsthilfegruppe baute das alte Mofa um, kaufte einen Anhänger. Sie fuhren erst auf den Geldener Wochenmarkt, später waren sie vor allem bei großen Festen präsent. Immer hatte die Gruppe ein Ziel: Sie wollte über Schlaganfälle aufklären. „Unser Ziel war, die Besucher für unsere Themen zu sensibilisieren“, sagt Stara. Viele seien wegen des Mopeds stehengeblieben und haben dann doch ihren Blutdruck gemessen. „.Sie glauben gar nicht, wie viele Leute gelacht haben, als wir bei denen Blutdruck gemessen haben. Die haben wir dann zu Ärzten geschickt und die haben uns gedankt“, sagt Stara. In all den Jahren haben sie einigen Menschen geholfen, auf das Thema Schlaganfall aufmerksam gemacht. Sie hätten ihr Ziel erreicht, sagt Stara.

Aber weitere Besuche auf Schützenfesten und weiteren Feiern wird es nicht geben. Das Schlaganfall-Mobil verstaubt aktuell in einer Garage – und wird auch nicht mehr in seiner jetzigen Form hervorgeholt. In den ersten Jahren der Pandemie musste die Schlaganfallhilfe ihre Fahrten einstellen. Es gab keine Straßen- und Schützenfeste mehr. Aber auch jetzt, wo Feste wieder möglich sind, wird das Schlaganfall-Mobil nicht mehr durch das Gelderland fahren. „Nach vielen Diskussion haben wir uns entschlossen, unsere Fahren mit dem Info-Mobil einzustellen“, sagt Bernd Stara. „Ich bin ein bisschen traurig, dass wir das in dieser Form nicht mehr weiterführen können“, sagt der Nieukerer weiter. Er selbst hätte auch gerne weiter gemacht, doch alleine sei das nicht zu stemmen gewesen – und ein Großteil aus seiner Schlaganfallgruppe wollte das Mobil nicht mehr fortführen. Und alleine würde Stara das nicht schaffen. Also verkauft er seinen Simson Duo jetzt schweren Herzens. Interessenten sollen sich bei ihm melden.

Mit der Schlaganfallhilfe Gelderland geht es aber weiter. Neue Mitglieder seien immer willkommen, sagt Stara. Und Stara selbst ist auch weiterhin anderweitig ehrenamtlich aktiv. „Seit dem Schlaganfall bin ich in so einen Hilfetopf gefallen“, sagt er. So ist er auch Lotse für Menschen mit Behinderungen. „Dieses Hilfe-Syndrom habe ich vor dem Schlaganfall nicht gehabt. Da ging es mir viel um Arbeit, darum viel Geld zu verdienen. Das ist mir jetzt nicht mehr wichtig.“

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