Serie Agrobusiness Prägt Das Gelderland Gärtner mit gemeinsamer Vermarktung

Geldern · Die Betriebe müssen mit der neuen internationalen Marktstruktur umgehen. Wo es früher viele kleinere Abnehmer gab und auch einen Zwischenhandel, steht den Produzenten nun die geballte Marktmacht der Supermärkte direkt gegenüber.

 Angesichts der veränderten Marktbedingungen war für Tomatengärtner Matthias Draek (2. von links) der Weg in die Kooperation erfolgreich. Zu den Neurather Gärtnern gehören neben ihm Dirk Driessen, Wilhelm Baum und Carsten Knodt (von links).

Angesichts der veränderten Marktbedingungen war für Tomatengärtner Matthias Draek (2. von links) der Weg in die Kooperation erfolgreich. Zu den Neurather Gärtnern gehören neben ihm Dirk Driessen, Wilhelm Baum und Carsten Knodt (von links).

Foto: Neurather Gärtner

KREIS KLEVE Es hat sich eine Menge verändert im Gemüsebau in den letzten zehn Jahren. "Der wachsende internationale Warenfluss und die starke Konzentration im Lebensmittelhandel haben die Marktstruktur umgekrempelt", erzählt Matthias Draek, Tomaten-Produzent aus Straelen. Das sei nicht besser und nicht schlechter, aber anders genug, dass sich auch die Strukturen der Gemüsebauer umstellen mussten. Wo es früher viele kleinere Abnehmer gab und auch einen Zwischenhandel, steht den Produzenten nun die geballte Marktmacht der Supermärkte direkt gegenüber. Die fordern nicht nur Qualität, sondern auch garantierte Lieferzeiten und Großmengen. Kleine Betriebe haben da kaum noch eine Chance.

Matthias Draek ist daher 2011 den Weg in eine Kooperation gegangen. Er ist Miteigner der "Neurather Gärtner", eines Betriebes in Grevenbroich, in dem sich vier selbstständige Gärtner zusammengetan haben. Alle haben zusätzlich weiterhin ihre eigenen Betriebe. Die Vermarktung wird jedoch teilweise gebündelt und die Verpackung aller Tomaten läuft über eine voll automatisierte Anlage am Draek'schen Betrieb in Straelen. 80 Mitarbeiter sind dort in der Spitze für die Verpackung beschäftigt, rund 50 im Draekschen Tomatenbetrieb.

Verkauft wird im Gemüsebau heute schon, bevor überhaupt angebaut wird. Mit den Kunden werden feste Mengen zu bestimmten Zeiten ausgemacht. Das ist aber nicht nur von Vorteil. Ackerbauer Christoph Straeten aus Straelen produziert Schnittsalate und Schnittkräuter auf dem Feld und ist von der Witterung abhängig. "Es bedeutet einen großen Imageschaden, wenn wir durch Wetterkapriolen wie Hagel oder Kälte Lieferausfälle haben. Die Kunden bestellen dann woanders", erklärt er. Für Matthias Draek ist an dieser Konstellation kompliziert, dass auch kleinere Mengen von bestimmten Sorten geordert werden. "Verschiedene Sorten in einem Gewächshaus anzubauen, ist komplizierter, als nur eine Sorte", erklärt er. Aber das kann er sich nicht aussuchen.

Denn die Konkurrenz sei groß. Auch die internationale. "Wir können in Deutschland nur im Sommer produzieren. Italien produziert im Winter im Süden, im Sommer im Norden", sagt Christoph Straeten. Die Personalkosten sind in Italien zudem viel geringer. Für Matthias Draek liegt die Konkurrenz vor allem in Belgien und den Niederlanden. "Bei uns ist Energie ein großer Faktor, für Licht und Heizung in den Treibhäusern. Und die ist in den Nachbarländern teilweise nur halb so teuer", berichtet Draek. Besonders die Handhabung der EEG-Umlage Deutschlands ärgert die Neurather Gärtner, von der andere Branchen befreit werden, darunter auch Lebensmittelhersteller, aber keine Produzenten. In einem globalisierenden Markt müssten auch globalisierte Bedingungen herrschen, betonen sie.

Zum Glück, fährt Christoph Straeten fort, finde beim Kunden langsam wieder ein Umdenken statt hin zu mehr Regionalität und Saisonalität. "Regionalität ist unser einziger Vorteil gegenüber dem Ausland", sagt er. Straeten wünscht sich aber auch mehr Flexibilität und Hintergrundwissen über das Produkt vom Verbraucher. Etwa müssten die Gemüseanbauer derzeit große Investitionen allein für die Optik der Ware tätigen, die doch nichts mit Geschmack oder gesunden Inhalten zu tun hat. Beispielsweise werde für Straetens Mangold vom Handel ein "Blatt-Stiel-Verhältnis" festgelegt. Ein Drittel Stiel, zwei Drittel Blatt. Nur 20 Prozent der Blätter dürfen abweichen - sonst ist die Ware nicht zu verkaufen. Ändern könne dies allein der Verbraucher, der mit seinem Kauf entscheide, betont auch Matthias Draek. Gleiches gelte für den Geschmack, der bei Tomaten gerne kritisiert wird. Die Neurather Gärtner setzten bewusst auf schmackhafte Sorten, die dafür aber weniger groß werden. Deren Saatgut ist für die Neurather zusätzlich noch teurer im Einkauf als weniger aromatische Sorten. Sie hoffen, dass der Verbraucher dies honoriert. "Denn der Handel ordert, was der Verbraucher kauft", sagt Draek. "Die Entscheidung liegt letztlich immer beim Verbraucher."

(vkl)
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