Gelderland Gärtner gegen Mindestlohn

Gelderland · Für Saisonarbeitskräfte halten Vertreter des Gartenbaus den in der Politik diskutierten Mindestlohn für zu hoch. Derzeit erhalten die Erntehelfer 6,40 Euro die Stunde. Die meisten kommen aus Polen und Rumänien.

 Erntehelfer – wie die Polen auf diesem

Erntehelfer – wie die Polen auf diesem

Foto: Ostermann

Beim Begriff "Mindestlohn" nimmt Wolfgang Wappenschmidt Abwehrhaltung ein. Den hält der Vorsitzende der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgebervereinigung des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV) für nicht bezahlbar. Wenigstens nicht für die Arbeitskräfte, die den Gärtnern und Landwirten in der Hochsaison für einige Monate helfen.

6,40 Euro bekommen Saisonarbeitskräfte pro Stunde, die für die Ernte, für Pflege- und Pflanzarbeiten eingesetzt werden. Damit liegen sie weit unter den für einige Branchen festgelegten Sätzen (siehe Info). Deutsche seien für diese mitunter körperlich anstrengenden Tätigkeiten, wie zum Beispiel Spargelstechen, nicht zu bekommen, räumt Johannes Rütten ein. Er ist Geschäftsführer der RLV-Arbeitgebervereinigung für Land- und Forstwirtschaft. "Für die geringe Entlohnung sind die Schmerzen gewaltig", sagt er. Polen und Rumänen nähmen das auf sich und seien unverzichtbar für die Branche.

Die 6,40 Euro, die für deutsche Arbeitnehmer gering erscheinen, seien für die Polen mit ihrer Landeswährung Zloty viel mehr wert. Rütten: "Bei einem Umtauschverhältnis von eins zu vier kommen sie auf rund 30 Euro pro Stunde."

Den von Politik und Gewerkschaften diskutierten flächendeckenden Mindestlohn von acht bis neun Euro hält der RLV-Vertreter für nicht tragbar. "Die Discounter diktieren den Preis, wir können die finanzielle Mehrbelastung nicht weitergeben", erklärt Rütten. Schon jetzt wanderten Sonderkulturen wie Spargel und Erdbeeren gen Osten oder aber rheinische Betriebe pachteten Betriebe in Polen, um dort zu Stundenlöhnen von zwei Euro produzieren zu lassen. Dieser Trend werde sich bei einem Mindestlohn noch verstärken.

Vor allem für kleine und mittlere Betriebe — das sind am Niederrhein rund zwei Drittel — hält Theo Germes einen Mindestlohn nicht für möglich. Der Walbecker ist Tomatenzüchter und Vorsitzender der Fachgruppe Gemüse im Provinzialverband Rheinland. "Für uns ist die Situation angespannt." Er verweist auf das seit Jahren und auch 2011 niedrige Preisniveau im Gartenbau.

Die 6,40 Euro seien für die meisten Erntehelfer brutto für netto, nämlich für die, "die hier Kost und Logis bekommen, denen von daher keine Kosten entstehen". Und denen, die seit Jahren immer wiederkommen, werde auch mehr als 6,40 Euro gezahlt, als "Treueprämie". KOMMENTAR

(RP/jul)
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