Chancengleichheit in der Sportwelt Sportstunde mit der Bundestrainerin

Geldern · Im Rahmen ihrer Patenschaft für die Qualifizierungsmaßnahme zum DFB-Junior-Coach übernahm Martina Voss-Tecklenburg eine Doppelstunde lang den theoretischen Sportunterricht am Friedrich-Spee-Gymnasium.

 Die Fußballnationaltrainerin der Frauen, Martina Voss-Tecklenburg, und die Schülerinnen des Friedrich-Spee-Gymnasiums. Voss-Tecklenburg sprach über Selbstbewusstsein, Vorurteile und ihr emotionalstes Spiel.

Die Fußballnationaltrainerin der Frauen, Martina Voss-Tecklenburg, und die Schülerinnen des Friedrich-Spee-Gymnasiums. Voss-Tecklenburg sprach über Selbstbewusstsein, Vorurteile und ihr emotionalstes Spiel.

Foto: Heinz Spütz

Zwei Monate vor dem Anstoß zur Fußball-Europameisterschaft der Frauen in England hat sich die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg noch die Zeit genommen, rund 40 Schülerinnen (und einem Jungen) der älteren Jahrgangsstufen des Friedrich-Spee-Gymnasiums in ihrer Schule zu besuchen. Die Kinder waren in den Trikots ihrer Fußballvereine erschienen.

Kaum hatten alle ihren Platz gefunden, ging die 125-fache Nationalspielerin direkt in die Offensive und erzählte ausführlich und sehr lebendig über ihre 20-jährige Karriere als Fußballerin. „Ich war nie Profi“, erklärte sie. „Ich habe mein Abitur gemacht, während der ganzen Zeit immer gearbeitet, schon sehr früh den Trainerschein erworben und bin noch Mutter geworden. Aber ich war Profi in meiner Einstellung.“

Das Eis war innerhalb weniger Minuten gebrochen. Die Schülerinnen hatten sich ein Bild von der Nationaltrainerin gemacht und meinten nach der Doppelstunde, dass sie ja total sympathisch und gar nicht irgendwie anders, sondern eher so wie eine von uns sei.

Sie war der Einladung des Sportlehrers Philipp Oerding gefolgt, der gemeinsam mit seinem Lehrerkollegen Mario Kanopa zeitnah eine Fußball-AG ins Leben rufen möchte, in der Schülern des Friedrich-Spee-Gymnasiums den Einstieg in die Trainerausbildung ermöglicht werden soll. Für das Projekt „DFB-Junior-Coach“ hat die Bundestrainerin die Patenschaft übernommen. Mit ihr waren Wera Grumpe vom Fußballverband Niederrhein, die das Projekt „Junior-Coach“ betreut, und Ralf-Peter Cleven vom Fußballkreis Kleve/Geldern erschienen.

Schnell war ein theoretischer Sportunterricht entstanden, in dem das Aufräumen mit Klischees, Chancengleichheit und eine Stärkung des Selbstvertrauens zu den zentralen Themen gehörte. Die gebürtige Duisburgerin ging auf die Fußballtalente zu und sprach sie direkt an, wo sie Benachteiligungen oder Ausgrenzungen erfahren haben oder sich dumme Sprüche anhören mussten. Leider konnten die Mädchen genügend Beispiele liefern. „Wenn wir über Fußball sprechen, reden wir doch über ein und dieselbe Sportart, da ist die Zeit längst überreif, dass es zum Selbstverständnis gehört, dass auch Mädchen Fußball spielen“, meinte die Fußballlehrerin und legte gleich noch einen nach: „Wie sieht es denn mit der Talentförderung aus in Deutschland? Wer ist denn in den Nachwuchsleistungszentren untergebracht? Das sind doch nur Jungs. Wo bleibt da die Talentgerechtigkeit? Die Besten müssen gefördert werden, unabhängig vom Geschlecht.“ Dabei richtete sie die dringende Bitte an die Stars von morgen, unabhängig vom Talent, selbstbewusst aufzutreten und sicher in dem, was sie können und machen, zu sein.

Die Frage nach ihrem größten Erfolg durfte natürlich nicht fehlen, doch sie schilderte ihren emotionalsten Erfolg – den 4:1-Sieg im Endspiel gegen Norwegen bei der Europameisterschaft 1989, der gleichzeitig als Durchbruch für den Frauenfußball in Deutschland galt. „Unser Sport ist heute noch in den Medien unterrepräsentiert, damals noch viel schlimmer, und wir spielten, wenn es viele waren, vielleicht vor 1000 Zuschauern. Beim Endspiel waren auf einmal 23.000 Leute im Osnabrücker Stadion, die Hütte war voll, das hat es vorher noch nie gegeben – und ganz Deutschland hat sich aufgeregt, dass anstatt der Tagesschau unser Endspiel gezeigt wurde.“

„Und wie sind die Chancen der deutschen Frauen bei der EM?“, kam es aus der hinteren Reihe. „Seit 2016 haben wir nichts mehr geholt, auch, weil andere Nationen aufgeholt haben. Auf jeden Fall möchte ich mit der Mannschaft ins Halbfinale kommen und wenn wir Europameister werden, komme ich wieder.“

 Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war am Friedrich-Spee-Gymnasium zu Gast.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war am Friedrich-Spee-Gymnasium zu Gast.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Übrigens: Die Zusage vom Fußballverband Niederrhein (FVN) für die Qualifizierungsmaßnahme liegt der Schule mittlerweile vor. Weitere Details konnten von Ort mit Wera Grumpe, die beim FVN das Projekt betreut, und Ralf-Peter Cleven, Fußballkreis Kleve/Geldern, abgestimmt werden.

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