Geldern Flüchtling soll 212 Euro "Miete" für Bett im Asylheim zahlen

Geldern · Ein Flüchtling aus Syrien arbeitet in einem Schlachthof in Geldern. Damit ist er unabhängig von Sozialleistungen. Die Folge: Er soll nun zahlen - 212 Euro im Monat für Bett und Tisch in einer Sammelunterkunft.

 Blick in die Flüchtlingsunterkunft in Pont.

Blick in die Flüchtlingsunterkunft in Pont.

Foto: Markus van Offern

Petra Manten berichtet, wie ihr Mitarbeiter eines Tages vor ihr stand und die Welt nicht mehr verstand. Grund: Eine behördliche Aufforderung, 212 Euro zu zahlen, für seine Unterkunft im ehemaligen THW-Heim an der Ponter Römerstraße. "Er kam zu mir, zeigte mir den Bescheid - das war schon eine Mahnung - und wusste gar nichts damit anzufangen", erzählt sie.

Der 31-jährige Asylsuchende ist im Herbst 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen. Und mit dem Schreiben war er völlig überfordert. Was Petra Manten überhaupt nicht wunderte: Ein Dokument in klassischer Behördensprache, mit der schon mancher Muttersprachler seine Schwierigkeiten hat, "das kann er doch nicht verstehen, das ist doch schlicht und ergreifend unmöglich", schimpft sie verärgert.

Und nicht nur diese Vorgehensweise stößt ihr übel auf, die gesamte Kostenverteilung findet sie fragwürdig. "Die Kommune zieht Syrern für einen Schlafplatz zwischen ich-weiß-nicht-wie-vielen Leuten 212 Euro ab. Und die, die nicht arbeiten, zahlen gar nichts. Das kann doch nicht sein."

Sie dürfte nicht die einzige sein, der das ungerecht vorkommt. Vom Gesetz her ist es aber richtig. Denn theoretisch zahlt jeder Flüchtling in einer städtischen Unterkunft "Miete" für seine Schlafstatt. Nur: Diejenigen, die kein Einkommen haben, bekommen davon nichts mit. Dann übernimmt das nämlich umstandslos das Sozialamt, und letztendlich bezahlt das Land Nordrhein-Westfalen. Bekommt jemand aber keine Sozialleistungen mehr, dann muss er selbst für seine Unterkunft aufkommen.

Tatsächlich ist eine Miete von 212 Euro gemessen am Mietspiegel auch recht hoch. Der Grund dafür: In den Unterkunftskosten sind in einer Grundgebühr von 167,35 Euro auch Beträge für Personalkosten enthalten - zum Beispiel für die Hausmeister und weitere Kräfte, die sich um eine Asyl-Einrichtung kümmern. Hinzu kommen Pauschalbeträge für Strom, Wasser, Heizung und dergleichen.

Der betroffene Angestellte der Firma Manten ist zumindest nicht dazu verpflichtet, in der Unterkunft zu bleiben. "Er dürfte sich auch eine andere Wohnung nehmen. Und wir wären auch bei der Suche nach einer Wohnung behilflich", betont Stadt-Sprecher Herbert van Stephoudt.

Eine allgemeingültige Regel ist das wohlgemerkt nicht: Viele Flüchtlinge sind gehalten, in Heimen zu leben. Bei Asylsuchenden aus Syrien sei das aber nicht der Fall, "weil wir wissen, dass diese Leute länger bei uns bleiben", so van Stephoudt.

Das ist auch ein Grund dafür, dass der Kreis Kleve dem Syrer die Erlaubnis erteilt hat, sich Arbeit zu suchen. Nun ist er mit einem befristeten Arbeitsvertrag als sogenannter "Fleischerhelfer" vollzeit-beschäftigt - mit allen Rechten, die jedem Arbeitnehmer zustehen.

"Er ist ganz normal angestellt, seit April, und alles ist gut", betont Petra Manten: "Er macht sich hier wunderbar." Es gebe viele Hilfstätigkeiten, die auch mit seinen kaum vorhandenen Deutschkenntnissen bestens zu bewältigen seien: "Er macht zum Beispiel viele Reinigungsarbeiten."

Bevor eine Stelle an einen Asylsuchenden vergeben wird, wird geprüft, ob es nicht einen Arbeitssuchenden mit deutschem Pass gibt, der sie haben will. Das sei für die Jobs dieser Art aber nie der Fall, stellt Petra Manten fest.

Es wären auch noch vergleichbare Posten im Unternehmen frei, aber dafür finde man keine Leute. Deutsche ohnehin nicht. Aber auch das Engagement des betroffenen Syrers ist ihrer Erfahrung nach nicht alltäglich.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort