Gelderner Kommunalpolitik „Eine Blamage für den Bürgermeister“

GELDERN · Nach der Wahl von Tim van Hees-Clanzett zum Ersten Beigeordneten diskutieren die Gelderner Politiker über das Verfahren. Die Abstimmung musste in einem geheimen Durchgang wiederholt werden.

 Sven Kaiser gratuliert Tim van Hees-Clanzett am Donnerstagabend zur Wahl als Erster Beigeordneter.

Sven Kaiser gratuliert Tim van Hees-Clanzett am Donnerstagabend zur Wahl als Erster Beigeordneter.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

So richtig nach Feiern zumute war Tim van Hees-Clanzett anschließend nicht mehr. „Ich war ehrlich gesagt sehr müde und bin nach der Sitzung direkt nach Hause gefahren.“ Dort sei er dann ziemlich schnell ins Bett gegangen. Wie berichtet, war seine Wahl zum Ersten Beigeordneten nicht ganz glatt über die Bühne gegangen. Weil Bürgermeister Sven Kaiser öffentlich abstimmen ließ, obwohl Markus Peukes (BiG) geheime Wahl beantragt hatte, musste das Procedere wiederholt werden.

Im ersten Durchgang hatte es nur eine Gegenstimme von Peukes sowie fünf Enthaltungen gegeben. Hinter verschlossenen Türen stimmten schließlich sieben Ratsmitglieder gegen Tim van Hees-Clanzett, acht enthielten sich. „Ich nehme es so hin, ich hätte mir sicher ein anderes Ergebnis gewünscht, aber ich sehe das Verfahren sportlich und als Ansporn für meine Aufgabe“, sagt der künftige Erste Beigeordnete.

Bürgermeister Sven Kaiser zeigte sich wenig überrascht von dem veränderten Wahlausgang: „Das Ergebnis ist mehrheitlich eindeutig“, sagt Kaiser. „Dass einige Ratsmitglieder in einer geheimen Wahl anders abstimmen, ist ganz normal.“

Der Bürgermeister hatte sich nach Peukes’ Antrag darauf bezogen, dass ein Fünftel der Ratsmitglieder eine geheime Wahl fordern müsse. Diese Regel gilt allerdings nur für Beschlüsse. Bei einer Wahl reicht es aus, wenn ein Ratsmitglied widerspricht. Erst nach dem ersten Durchgang, Händedruck und Blumenstrauß habe ein anderes Ratsmitglied, der Jurist Albrecht Murmann, darauf hingewiesen, dass die Gemeindeordnung für das Land NRW in diesem Fall eine geheime Wahl vorsieht.

Norbert Hayduk von den Linken übt scharfe Kritik am Verhalten des Bürgermeisters: „Nach zwei Jahren Amtszeit hätte Sven Kaiser wissen müssen, dass eine Stimme aus dem Rat reicht, um eine geheime Wahl zu verlangen. Ich finde, das ist eine Blamage für den Bürgermeister.“

Tim van Hees-Clanzett habe allen Ratsmitgliedern ein Gesprächsangebot gemacht. „Das Thema Kommunikation ist für mich unglaublich wichtig“, ergänzt er. Über eine gute vertrauensvolle Zusammenarbeit wolle er zeigen, dass er die richtige Wahl gewesen sei. Ihm sei deutlich signalisiert worden, dass es bei den Gegenstimmen nicht um seine Person gegangen sei, sagt der neue Beigeordnete. Vielmehr habe man damit die Kritik am Verfahren deutlich machen wollen.

SPD-Fraktionschef Andreas van Bebber machte noch einmal deutlich, dass eigentlich die Absprache gewesen sei, dass die Findungskommission mehrere Kandidaten auswählt, die sich dann nicht-öffentlich dem Rat vorstellen. Die Entscheidung sollte dann am 21. Februar fallen. Dass man sich vorher schon auf einen Kandidaten festgelegt habe, habe nicht dem Beschluss des Rates entsprochen. Norbert Hayduk sprach sogar von einer neuen Ausschreibung, die er sich gewünscht hätte.

Das sagen die Gelderner Politiker zu dem Wahlverfahren:

Markus Peukes, BiG „Personenwahlen sollten generell geheim sein. Einige trauen sich öffentlich nicht, so abzustimmen, wie sie es geheim tun würden. Dass ich Recht hatte, zeigt sich im Ergebnis. Aber das Verfahren der Wahl zeigt auch, dass jede Stimme zählt und auch ein einzelnes Ratsmitglied einen Unterschied machen kann.“

Andreas van Bebber, SPD „Wir haben das ganze Verfahren von Anfang an sehr kritisch gesehen, das hat jetzt ein trauriges Ende gefunden. Für Herrn van Hees-Clanzett, den ich gewählt habe, finde ich das sehr schade. Es ging um Kritik an der Verwaltung und nicht an ihm. Sie trifft den Falschen. Für die Verwaltung ist das auf jeden Fall peinlich.“

Michael Cools, CDU „Die ganze Sache ist unglücklich gelaufen, vor allem, weil das Stimmverhalten in geheimer Abstimmung anders war als in der öffentlichen. Das eine geheime Wahl stattfinden muss, wenn ein Ratsmitglied das beantragt, hätte das Hauptamt besser recherchieren müssen. Aber das sind auch alles nur Menschen.“

Alexander Alberts, FDP „Die Kritik hat absolut nichts mit der Person Hees-Clanzett zu tun, sondern es ging um das Verfahren im Vorfeld. An dem Abend ist das dann unglücklich gelaufen. Die Verwaltung hat das rechtlich falsch eingeschätzt. So ist das nun mal, wo gearbeitet wird, da passieren Fehler. Die Verwaltung steht dazu, und damit ist es auch gut.“

Norbert Hayduk, Linke „Es ist schon amtlich, dass im Geheimwahlgang ein ganz anderes Ergebnis entstanden ist. Über die Motive der Kollegen, die im zweiten Durchgang anders gewählt haben, kann ich nur spekulieren. Doch daran kann man sehen, wie wichtig geheime Abstimmungen sind. Offenbar bekommt man dann ein ehrlicheres Ergebnis.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort