Geldern Ein Tag im Gefängnis: Lernen von Gelderns Häftlingen

Geldern · Die Puschmann-Gruppe der JVA Pont zieht Bilanz. Gefangene treffen auf Mitarbeiter der Justiz und auf Pädagogen.

Ein Tag im Knast. Für viele ein Alptraum. Für manche Jugendliche eine Notwendigkeit, um wieder auf den rechten Weg geführt zu werden. Als vorbildlich wurde die Arbeit der Puschmann-Gruppe der JVA Pont gelobt.

Die Puschmann-Gruppe, genannt nach ihrem Gründer, einem christlich engagierten Unternehmer, setzt sich aus mehreren Gefangenen der JVA Pont zusammen. Geleitet wird die Gruppe von Pastoralreferent Matthias Ueberfeld und Armin Hamm. Die hatten unter anderem Richter, Sozialarbeiter von der Bewährungshilfe, Jugendgerichtshilfen und Pädagogen in die JVA eingeladen.

Sechs Mitglieder der Puschmann-Gruppe standen den Besuchern Rede und Antwort. Ihre Arbeit besteht darin, dass sie einen Tag mit straffällig gewordenen Jugendlichen verbringen. "Wir wollen ihnen klar machen, in welcher Umgebung wir hier sind. Machen ihnen klar, welche Klamotten wir hier anziehen müssen, damit sie das wahre Leben im Knast sehen", erklärt einer der Häftlinge. Einer der Jugendlichen werde dann auch für einige Zeit in eine Zelle gesperrt. "Das kommt ihnen dann wie eine Ewigkeit vor. Die haben alle Zeit zu überlegen", sagt einer der Gefangenen, Mitglied der Puschmann-Gruppe. "Realitätscheck", nannte einer der Pädagogen das, was die straffällig gewordenen Jugendlichen dort erleben. Denn die Realität sei anders als das, was im Fernsehen gezeigt wird, und Applaus gibt es für die Jugendstraftaten von den Häftlingen auch nicht.

Wichtig sei es ihnen zu zeigen: "Wir sind dein Spiegelbild." Dafür ist das persönliche Gespräch unerlässlich. "Die wunden Punkte treffen", nennt einer der Inhaftierten das. "Unser Ziel ist es, dass die Jugendlichen an sich arbeiten, sei es aus moralischen Aspekten, das ist das Beste, oder weil sie nicht ins Gefängnis wollen", sagt einer der Puschmann-Gruppe. Vorher erzählen die Gefangenen den Jugendlichen aber aus ihrem Leben, was schief gelaufen ist, was nicht gut war. Danach dürfen die Jugendlichen erzählen. "Ich habe das Gefühl, die gehen hier befreit raus", äußert einer der Insassen seinen Eindruck. "Es hilft den Jugendlichen viel, dass wir einfach nur zuhören." Pädagogen, die die Jugendlichen auf ihrer Tour durch den Gefängnisalltag begleitet haben, berichten, dass sie Jugendlichen nach dem Besuch still und nachdenklich waren.

Die Frage, warum es so etwas nur in Geldern gibt, tauchte bei den Gästen aus Aachen, Krefeld und Hückelhoven immer wieder auf. Erklärt wurde das unter anderem mit dem erhöhten Organisationsaufwand, der für die Gefängnisse durch so ein Projekt entstehe. Ueberfeld hingegen wies auf die gute Zusammenarbeit mit JVA-Leiter Karl Schwers hin. Mit der Leitung stehe und falle so eine Initiative. "Wir geben aber gerne Entwicklungshilfe", sagt Ueberfeld über die Möglichkeit, dass eine Puschmann-Gruppe auch in anderen JVAs entstehen könnte. "Aber hier in Geldern sitzt das Original."

(bimo)
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