Issum Ein holpriger Ritt auf dem Wüstenschiff

Issum · RP-Autor Christian Schwarz wagt zum heutigen Drei-Königs-Tag den Ritt auf einem Kamel, denn die Heiligen kamen mit ihm zur Krippe. Auf einer Farm in Issum leben solche Dromedare und Trampeltiere.

 RP-Autor Christian Schwarz reitet auf einem Issumer Kamel. So kamen die Drei Heiligen Könige zur Krippe nach Betlehem.

RP-Autor Christian Schwarz reitet auf einem Issumer Kamel. So kamen die Drei Heiligen Könige zur Krippe nach Betlehem.

Foto: gerhard Seybert

Es ist ziemlich wackelig hier oben. Ich muss mich gut festhalten, um nicht an der Seite runterzufallen. Dabei trottet Zayed ganz gemächlich vor sich hin. Er ist ein Dromedar und ich sitze auf seinem Rücken – zwei Meter über dem Boden. Bei jedem Schritt klammere ich mich fest an den Riemen im Sattel. "Keine Angst, einfach gut festhalten", sagt Kameltrainer Petr Barvic. Er führt Zayed vor mir behutsam an der Leine über den Reitplatz der Kamelfarm am Niederrhein.

Auf dem Hof in Issum leben derzeit 15 Kamele auf einer Fläche von knapp sechs Hektar. Anja Peters betreibt seit fünf Jahren die kleine Farm am Nordring. Sie züchtet und pflegt die Dromedare (ein Höcker) und Trampeltiere (zwei Höcker) gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und einem kleinen Team. "Ich habe die Tiere durch einen Bekannten kennengelernt und war sofort von ihrer Art fasziniert", sagt Peters. Ursprünglich wollte die ehemalige Springreiterin aus Duisburg neben Pferden, Eseln und Ziegen nur zwei Kamele halten – zur Pflege ihrer Weiden. "Kamele sind wie ein guter Rasenmäher: Sie fressen alles ab, sogar Disteln und Brombeersträucher." Innerhalb kürzester Zeit hatte sie die Tiere ins Herz geschlossen und funktionierte ihren Hof in eine Kamelfarm um.

Hier fühlen sich die Tiere auch im Winter wohl. "In der Wüste wird es nachts auch sehr kalt, deshalb sind die Dromedare darauf eingestellt. Trampeltiere kommen sogar aus Regionen in China oder der Wüste Gobi, wo es sehr tiefe Minustemperaturen gibt", erklärt Peters. Bei hohen Temperaturen im Sommer schalten die Kamele auf einen Wassersparmodus. "Sie speichern ganz viel Flüssigkeit im Körper, scheiden wenig aus. Das passiert auch dann, wenn sie viel zu trinken bekommen", sagt Peters.

Kurz bevor ich auf Zayeds Rücken steige, geht der braune Wallach auf die Knie. Mit eingeknickten Beinen liegt er im kühlen Sand des Reitplatzes. Trainer Barvic füttert ihn mit trockenem Brot. Ich schwinge mein Bein über den Rücken des Dromedarmännchens, setze mich auf den kleinen Ledersattel. Zayed stöhnt laut auf, meckert kurz. Bin ich zu schwer?

"Alles gut, das macht er immer. Kamele können bis zu 200 Kilogramm tragen", erklärt Barvic. Langsam richtet sich Zayed auf. Zuerst drückt er sich mit den Hinterbeinen nach oben, mein Körper kippt nach vorn. Mit Schwung setzt der Wallach nun auch die Vorderhufe auf den weichen Boden. Zayed steht, ich sitze noch im Sattel. "Oh, Wunder", denke ich.

Auf der Nachbarweide stehen einige Trampeltierdamen am Zaun und gaffen rüber. Sie beobachten, wie ich mich auf Zayeds Rücken anstelle. "Kamele sind sehr neugierige, aber ziemlich friedliche Tiere", erklärt Peters. Wenn man sie allerdings ärgere, dann treten, beißen und spucken sie auch mal, so die Farmchefin: "Das stinkt ziemlich", berichtet Peters. Unter den Beobachtern ist auch Meleika. Das Fohlen ist das Nesthäkchen auf der Kamelfarm. Sie ist gerade einmal sechs Monate alt, kam im Juni in Issum zur Welt. In etwa einem Jahr wird auch sie langsam und behutsam für das Reiten ausgebildet werden.

Nach ein paar Minuten hat Zayed genug von mir. Ohne Vorwarnung lässt er sich auf den Boden plumpsen, der Ritt nimmt damit ein abruptes Ende. In der Wüste laufen Kamele bis zu 120 Kilometer am Tag, in Issum nicht. "In dieser Jahreszeit sind die Dromedare es nicht gewohnt, arbeiten zu müssen. Sie stehen lieber auf der Weide", erklärt Anja Peters. Zayed hat verstanden: Er richtet sich wieder auf und trabt davon – in Richtung Koppel.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort