Geldern Düzen Tekkal erzählt Kriegsgeschichten

Geldern · Die Kurdin und Jesidin in der Lise-Meitner-Aula. Sie klärt zum Thema Demokratie und Wertvorstellungen auf und fasziniert die Jugendlichen von Gelderner und Straelener Schulen mit ihren Ausführungen über Religion und Politik.

 Zahlreiche und aufmerksame Zuhörer, darunter Gelderns Bürgermeister Sven Kaiser (vorne 2. v. l.), hatte Düzen Tekkal. Sie sprach in der Lise-Meitner-Aula über Demokratie und Integration.

Zahlreiche und aufmerksame Zuhörer, darunter Gelderns Bürgermeister Sven Kaiser (vorne 2. v. l.), hatte Düzen Tekkal. Sie sprach in der Lise-Meitner-Aula über Demokratie und Integration.

Foto: gottfried Evers

Das Thema und die Referentin waren offensichtlich interessant. Rund 800 junge Menschen füllten gestern die Lise-Meitner-Aula bei einer Veranstaltung über "Demokratie leben - Einwanderungsland Deutschland". Ihre Sicht der Dinge schilderte die Kurdin, Jesidin und Deutsche Düzen Tekkal. Sie hielt einen langen, aber überwältigenden Vortrag, der vielen der Jugendlichen aus Gelderner und Straelener Schulen die Augen öffnete.

Sie begann mit der Frage, ob Demokratie selbstverständlich sein sollte. Das verneinte sie aber sofort mit der Begründung, dass sie als Kurdin, die sich für Frauen und Kinder aus dem Irak einsetzt und auch schon oft dort als Kriegsberichterstatterin war, Demokratie als einen Luxus sehe, den viele nicht haben. Auf diese Frage folgten Geschichten, die sie im Kriegsgebiet erlebte. Von dem Ausschalten des Lichts beim Landen des Flugzeuges im Irak, um nicht abgeschossen zu werden, bis zu Drohungen vom IS, die Fotos von enthaupteten Frauen mit der Bildunterschrift "Pass auf dich auf" beinhalteten.

Doch von diesen Drohungen ließ sich Tekkal nicht aufhalten, da die Hilferufe der dort versklavten und vergewaltigen Frauen und Kindern zu ihr durchdrangen. Sie war von den Geschichten, die die Menschen ihr dort erzählten, gebannt und wollte ihnen helfen. Deshalb gründete sie die Stiftung Háwar, um Menschen bei der Integration zu helfen. Tekkal ist der Auffassung, dass Integration nur dann funktionieren kann, wenn beide Seiten sich intensiv mit dem Thema beschäftigen und die Vorurteile gegeneinander beiseiteschieben.

Am Ende durften die Schüler Fragen stellen - und die Besucherin hatte immer eine interessante Antwort parat. Ein Schüler zitierte sie aus ihrem Buch "Deutschland ist bedroht: Warum wir unsere Werte jetzt verteidigen müssen" mit der Aussage: "Krieg macht ehrlich" und wollte wissen, was dahinter steckt. Düzen Tekkal entgegnete mit dem einfachen, aber tiefgründigen Satz: "Krieg lässt Dich näher hinschauen." Wenn man, wie sie zum Beispiel, schon in Kriegsgebieten gewesen sei und dann wieder zurück nach Deutschland komme, dann würden einem die Augen geöffnet und man schaue bei allem näher hin. Die 39-Jährige selbst achtet seit ihren Erfahrungen im Irak sehr viel mehr auf ihre Wertvorstellungen und darauf, mit welchen Menschen sie verkehrt.

Ein anderer Schüler fragte sie, ob sie denke, dass ein Mensch Täter und Opfer zugleich sein könne. Darauf gab es eine schon fast philosophische Antwort: "Die Spirale der Gewalt ist endlos." Sie persönlich denkt, dass die Schwelle zwischen Täter und Opfer sehr niedrig ist. Sie betonte mehrmals in ihrer Rede, dass viele Menschen gerne in die Opferrolle schlüpfen, um die anderen schlecht zu machen.

Am Ende der Veranstaltung ermutigte Düzen Tekkal die Schüler, für sich und andere zu kämpfen und nie aufzugeben, egal, wie schwer der Weg sein kann. Denn sie selbst hatte auch "einen Weg, der oft mit Steinen bedeckt war", gab jedoch nie die Hoffnung auf.

(RP)
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