Ehrenamt Die Tafel lässt niemanden im Regen stehen

Kerken/Geldern · Ein Tag mit dem Wagen der Gelderner Tafel. Freitags kommt der Transporter nach Nieukerk, Sevelen und Issum. Menschen, die nicht mobil sind und wenig Geld haben, werden so mit gespendeten Lebensmitteln versorgt.

 Wagen der Gelderner Tafel fährt einmal in der Woche nach Nieukerk, Issum, Sevelen, hier: Nieukerk

Wagen der Gelderner Tafel fährt einmal in der Woche nach Nieukerk, Issum, Sevelen, hier: Nieukerk

Foto: Bianca Mokwa

Es ist kalt und regnerisch. Geduldig stehen die Menschen mit leeren Einkaufstaschen an der Dennemarkstraße in Nieukerk. Vorsichtig biegt der weiße Transporter mit dem orange-farbenen Logo um die Ecke. Am Steuer sitzt Charles Roughton aus Walbeck. Gemeinsam mit Christa Ettwig und Elli Janssen wird er die frische Ware verteilen, die zuvor am Gelderner Tafelladen eingeladen wurde.

„Das Schöne ist, wir sind vereint in der Tafelidee“, sagt Alfred Mersch von der Gelderner Tafel und hält eine Lobrede auf die ehrenamtlichen Mitarbeiter, solche wie die, die gerade in Nieukerk sind. „Lebensmittel retten, Menschen helfen“, fasst Mersch den Grundsatz zusammen. 150 bis 200 Menschen kommen allein einmal in der Woche nachmittags zur Gelderner Tafel. Weil nicht alle Menschen mobil sind, kommt die Tafel auch zu ihnen. Auf der Tour am Freitag fährt der Wagen nach Nieukerk, Sevelen und Issum.

Eine Frau streckt Elli Janssen die große, leere Einkaufstasche entgegen. „Wir fangen mit Kartoffeln an, wie immer“, sagt die Ehrenamtlerin routiniert. Als nächstes werden Obst und Gemüse eingepackt. „Paprika?“, fragt sie die Dame. Die hätte gerne Suppengemüse. Weil auf den ersten Blick keines da ist, packt Elli Janssen der Dame Möhren und Frühlingszwiebeln ein. Am anderen Ende des Wagens erklärt Charles Roughton einem Junggesellen die Zubereitung von Tortellini.

„Was wir immer haben sind Kartoffeln, Brot, Joghurt, Margarine, Mehl, Zucker. Außerdem haben wir heute noch acht Kisten Tomaten bekommen, Top-Tomaten“, sagt Mersch vor der Abfahrt des Wagens. Was es ansonsten gibt, liegt immer daran, was die Supermärkte übrig haben. Als sich zwischen den wenigen Süßigkeiten im Wagen ein kopfloser Schokonikolaus findet und eine der Ehrenamtlichen überlegt, ihn überhaupt abzugeben mit den Worten „der hat eine Macke“, schaut der junge Mann mit der leeren Tüte auf und sagt: „Ich auch“. Es wird leise gelacht. Ein bisschen bleibt es im Hals stecken. Ein anderer junger Mann, der einen Kinderwagen dabei hat, um die Tasche schieben zu können, träumt davon, später eine eigene Firma zu haben. Man wünscht es ihm.

Mersch erklärt, dass es das eine sei, kostenlos Lebensmittel zu bekommen. Dass es aber auch kein Zuckerschlecken sei, dort zu stehen. „Die müssen sich outen“, sagt er. Sie müssen offenlegen, wie viel oder eben wenig sie an Geld zur Verfügung haben. Wohngeldbezieher, Hartz IV- Bezieher, Menschen mit einer kleinen Rente stehen für Lebensmittel an.

„Die Arbeit erdet“, sagt Christa Ettwig. Bevor sie mit Elli Janssen und Charles Roughton die Ware weitergibt, hat Herbert Friedrich mitgeholfen, den Wagen zu packen. Vorne in der Auslage hat er den Joghurt griffbereit hingestellt, Käse und Wurst. Hinter ihm im Regal liegen im oberen Bereich die Brote, darunter die Kisten mit Gemüse. Vorher hat Maria Nillelesen die Sachen sortiert, die Fahrer der Tafel schon früh morgens bei den Supermärkten und Bäckereien abgeholt haben. „Maria, eine Kiste können wir noch“, ruft Christa Ettwig kurz vor der Abfahrt. Der Tafelwagen ist kein Supermarkt, verteilt wird, was Supermärkte und Co. übrig haben.

Nach anderthalb Stunden in Nieukerk sind die Einkaufstaschen der Tafelbesucher gefüllt worden. Der Blick der drei Tafel-Helfer geht ein bisschen sorgenvoll nach hinten in die Auslage. Ist noch genug für die nächsten Stationen übrig? Nieukerk ist auf der Tour die am stärksten frequentierte Station. Einige Tüten Spinat sind extra nicht in der Auslage gelandet, die wären sonst schon alle weg. Aber in Sevelen und Issum gibt es auch noch Menschen, die warten. Wer wollte, der durfte auch noch einen Strauß Blumen mitnehmen. Auch die hatten die Märkte über und haben die Ware an die Tafel weitergegeben. „Blumen, die wärmen die Seele“, sagt Mersch leise. Er weiß, dass diejenigen, die zur Tafel kommen, sich so etwas nicht kaufen würden, weil sie es sich einfach nicht leisten könnten.

Nach der Tour ist die Arbeit für die Ehrenamtler noch nicht zu Ende. Es muss noch alles im Wagen sauber gemacht werden. „17.30, 18 Uhr sind wir fertig“, prognostiziert Charles Roughton. Jede Woche, rund ums Jahr, fährt der Tafelwagen. „Wir machen keinen Urlaub. Wir sorgen auch dafür, dass zwischen Weihnachten und Neujahr die Lebensmittel zu den Menschen gebracht werden. Wir möchten die so gerne an die Menschen weitergeben“, sagt Mersch. Ohne die Ehrenamtlichen und die Spender wäre das nicht möglich. Und dann gibt es diese Briefe, für die sich das alles lohnt, sagt Mersch, Er erzählt von der Frau mit Kindern, die endlich Arbeit gefunden hat und „Danke für die Überbrückung“ geschrieben hat.

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