Archäologie im Kreis Kleve Wie Bodenfunde Geschichte erzählen

Niederrhein · Der Landschaftsverband Rheinland präsentiert sehenswerte Entdeckungen aus dem Jahr 2020. Darunter sind auch Stücke aus Weeze und Kervenheim.

  
 Gehobene Ausstattung: Der römische Kerzenhalter des 2./3. Jahrhunderts aus einem Wohnstallhaus in Weeze-Vorselaer überrascht in diesem ländlichen Umfeld.

Gehobene Ausstattung: Der römische Kerzenhalter des 2./3. Jahrhunderts aus einem Wohnstallhaus in Weeze-Vorselaer überrascht in diesem ländlichen Umfeld.

Foto: Jürgen Vogel/Jürgen Vogel/LandesMuseum Bonn

Zum 17. Mal präsentiert das Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) eine Auswahl von sehenswerten Neufunden des vergangenen Jahres. Zugleich widmet sich die Ausstellung übergreifenden Themen der archäologischen und paläontologischen Bodendenkmalpflege, etwa den Herausforderungen für die Bodendenkmalpflege in den Braunkohletagebauen und den Kiesabbauflächen, aber auch neuen Forschungen zu Altbekanntem.

Als besonderes Angebot gibt es ab dem 9. April eine digitale Führung in der Ausstellung durch Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, auf dem Youtube-Kanal „LVR-Bodendenkmalpflege“ zu sehen (https://t1p.de/lp7q). Erstmalig werden dieses Jahr die neuen Forschungsergebnisse und Funde des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland (LVR-ABR) auch in einer digitalen Tagung für ganz Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Zusammen mit der LWL-Archäologie für Westfalen zeigt das LVR-ABR insgesamt 18 Beiträge zu paläontologischen und archäologischen Themen im Rheinland und in Westfalen. Die Videos zur „Archäologie in NRW 2020“ werden am 12. April ab 9 Uhr abwechselnd auf den beiden Youtube-Kanälen der Landesarchäologien ausgestrahlt (Näheres auf www.bodendenkmalpflege.lvr.de).

Auch Entdeckungen aus dem Kreis Kleve werden präsentiert. Ein seltenes Fundstück aus Weeze-Vorselaer weist auf die Produktion von Keramikgefäßen hin. Das Fragment einer Lochtenne, auf der die Keramikgefäße zum Brand gestapelt wurden, gehörte zu einem der ältesten im Rheinland nachgewiesenen Zweikammeröfen aus der Eisenzeit und datiert nach der Radiokarbonmethode in die Zeit von 850-693 v. Chr.

Einen erheblichen Erkenntnisgewinn zur ländlichen Besiedlung am unteren Niederrhein in den Metallzeiten (1500 v. Chr.-um Chr. Geburt) und insbesondere in der römischen Epoche (1.-3. Jahrhundert) erbrachten die archäologischen Untersuchungen in Weeze-Vorselaer. Im Vorfeld des Kiesabbaus wurden über 20 Jahre nach und nach mehrere Siedlungen und Gräberfelder freigelegt, zuletzt eine römische Ansiedlung mit Wohnstallhäusern und Brunnen. Die Menschen siedelten hier auf sogenannten Donken, flachen Erhöhungen in sumpfigem Gelände, die sich für Ackerbau eigneten. Sie wohnten nicht in Häusern römischer Bauart, wie man im Hinterland der Colonia Ulpia Traiana (Xanten) vielleicht erwarten würde, sondern in Häusern einheimischer, eisenzeitlicher Tradition – mit dem Vieh unter einem Dach. Ganz dem Römischen war man jedoch nicht abgeneigt, wie Koch- und Essgeschirr sowie seltene Metallfunde – ein Kerzenhalter und der Beschlag eines Militärgürtels – zeigen.

Unscheinbare Funde, die durch die stete Arbeit von Heinrich Smits auf den Feldern in Goch-Pfalzdorf entdeckt, eingemessen und aufgesammelt wurden, zeichnen ein Bild der jungsteinzeitlichen Besiedlung (5300-2150 v. Chr.) bei Pfalzdorf. Zu den ansehnlicheren Funden ehrenamtlicher Mitarbeiter zählt die von der AG „Kervenheimer Keramik“ bei Baumaßnahmen aufgesammelte Töpferware des 17.-19. Jahrhunderts aus Kervenheim.

Bis zum 30. April  werden herausragende Neufunde aus dem Jahr 2020 präsentiert im LVR-Landesmuseum Bonn, Colmantstraße 14-16, 53115 Bonn, 2. OG. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr.  Besuch nur mit Buchung vorab.

(RP)
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