St. Peter und Paul Straelen Der Klang, der Weihnachten verkündet

Straelen · Es gibt einen Klang, der Weihnachten verkündet. Da ist sich Kantor Otto Maria Krämer sicher. Jedes Jahr sitzt er an Weihnachten an der Orgel in St. Peter und Paul in Straelen, jedes Jahr ist es wieder etwas Besonderes. Denn oft zieht seine Musik die Menschen in die Kirche.

 Otto Maria Krämer an der Stockmann-Orgel in Straelen.

Otto Maria Krämer an der Stockmann-Orgel in Straelen.

Foto: Otto M. Krämer

Wenn Otto Maria Krämer an Heiligabend die ersten leisen und langsamen Töne von „Stille Nacht“ anschlägt, dann verschwindet alles. Dann ist es nicht die Orgel, die die Töne auspfeift. Dann stehen da nicht mehrere Hundert Gläubige, kein Pastor. Dann sitzt er nicht in St. Peter und Paul. Dann ist es, als säße er wieder im Wohnzimmer des Bauernhauses, in dem er aufgewachsen ist, an dem alten Klavier. Und in der Ecke sitzt seine Großmutter und schaut ihrem Enkel beim Spielen zu. „Dann ist für mich Weihnachten“, sagt der Kantor und nimmt die Hände von den Tasten.

Seit 25 Jahren ist Krämer Kantor und Organist in Straelen. So lange begleitet er schon die Christmesse an Heiligabend. Und auch nach all diesen Jahren hat Weihnachten für den Musiker seinen Zauber nicht verloren. Still ist es immer zum Ende der Messe, das Licht ist gedimmt. „Ich kann es jetzt schon spüren, die Ergriffenheit“, sagt der Kantor und legt die Finger wieder auf die Tasten.

Stille Nacht, heilige Nacht. Das ist das große Finale. Da will der Organist die Kirchgänger noch einmal runterbringen, mit ganz leisen Tönen, um sie dann mit einem Paukenschlag aus der Kirche zu entlassen. Es ist eine Szenerie, die er zusammengestellt hat. Drei Strophen, erst tief und langsam, dann immer höher und kraftvoller. Bei „der Engel Halleluja“ öffnet er die Klappen der Orgel, die Töne pfeifen mit voller Kraft aus dem Instrument. Da kommen die Engel in St. Peter und Paul von der Decke geflogen, so formuliert es Krämer.

Das Weihnachtslied geht über in den fünften Satz, die Toccata, von Charles-Marie Widors fünfter Orgelsinfonie. Es klingt triumphal. Viele Leute sprächen ihn darauf an. Sie sagen dann: „Spielst du auch wieder das Tatatata-Lied?“ Böse ist Otto Maria Krämer deswegen nicht. Wichtig ist ihm vielmehr, dass die Menschen überhaupt in die Kirche kommen. Und wenn es wegen eines „Tatatata“ ist.

Weihnachten ist seine Chance dafür. Die Chance eines Mannes, der sich nicht nur als Musiker, sondern als Verkünder sieht. „An Weihnachten brauchen wir nicht laut sein. Da brauchen wir nicht glänzen“, sagt Krämer. „Da muss es die Leute von innen ergreifen. Und vielleicht schaffe ich es, auch den Letzten, der die Kirche verlassen hat, noch zu bekehren.“ Bei einem Freund von ihm, sagt der Kantor, habe er es geschafft. Obwohl er aus der Kirche ausgetreten ist, komme er zumindest an Heiligabend immer wieder in die Messe in St. Peter und Paul. Vor allem wegen der Musik und auch, weil er das „Tatatata“ hören möchte. „Dann ist das letzte Band zum Himmel noch nicht zerrissen“, meint Krämer.

Er könnte auch einfach die Weihnachtslieder runterspielen, wie sie auf seinen Notenblättern stehen. Dann würde er aber nicht ihren Zauber erfassen. Also versucht Krämer Harmonien zu bilden, die reich sind. Als hätte er mehr als nur zwei Hände, flitzen seine Finger über die Tasten. Mal spielt er auf vier Klaviaturen gleichzeitig, zieht an den Registern, seine Füße drücken die Pedale des Instruments rauf und runter. „Man muss auch die Texte dazu sehen“, sagt er hastig und zeigt auf die Zeilen in seinem Notenbuch. Sie stammen aus „Menschen, die ihr wart verloren“: Welche Wunder reich an Segen, stellt uns dies Geheimnis dar. „Das kann man nicht einfach so spielen. Das muss man richtig spielen.“

Weihnachtslieder sind für den Musiker vor allem wegen ihrer Historie etwas Besonderes. „Weil man weiß, dass sie schon seit Jahrhunderten an diesem Tag gesungen werden“, sagt der Kantor. „Es ist ein Ros entsprungen von 1599 in einer Kirche von 1497, man spürt es: Es passt alles zusammen.“ Für die Weihnachtszeit hat sich Otto Maria Krämer einen Glockenstern in die Orgel eingebaut. Auf Knopfdruck stoßen kleine Stäbe die Glocken an. „Ein sehr festlicher Klang“, sagt der Kantor. „Den benutze ich nur an den Feiertagen. Sonst nutzt er sich irgendwann ab.“

Die Weihnachtstage sind für einen Kantor aber auch arbeitsreich. An Heiligabend begleitet Krämer um 15 Uhr die Krippenfeier mit dem Spatzen- und dem Jungen Chor. Es folgt eine Messe um 17 Uhr, um 21.30 Uhr singt der Kirchenchor, danach startet die Christmesse. Am ersten Weihnachtsfeiertag geht es um acht Uhr los mit dem Hochamt, danach spielt Krämer im Altenheim, um 10.45 Uhr folgt ein weiteres Hochamt. Am späten Nachmittag gibt es eine Probe, am Abend die Jugendmesse. „Am zweiten Weihnachtsfeiertag habe ich nur noch zwei Messen, da habe ich nach dem Hochamt frei“, sagt Krämer. Die Zeit verbringt er mit seiner Familie – und mit ein wenig Weihnachtsmusik. Foto: Krämer

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