Geldern Das erste Haus vor den Toren Gelderns

Geldern · Vor 250 Jahren wurden an der Ausfallstraße nach Kevelaer das erste Haus außerhalb der städtischen Schutzwälle gebaut. Das Ackerland von einst ist verschwunden. Das alte Haus steht aber immer noch am Haagschen Weg.

 Gisela Camp und Heinz Bosch vor dem 250 Jahre alten Haus, das heute in bebautem Gebiet steht. Das war in früheren Zeiten anders, wie rechts auf dem Gemälde zu sehen ist.

Gisela Camp und Heinz Bosch vor dem 250 Jahre alten Haus, das heute in bebautem Gebiet steht. Das war in früheren Zeiten anders, wie rechts auf dem Gemälde zu sehen ist.

Foto: Seybert

Wenn man mit Gisela Camp und Heinz Bosch auf dem Bürgersteig vor dem Haus am Haagschen Weg 10 steht, muss man öfter mal den Mund aufmachen: "Guten Morgen" sagen, "Hallo" oder "Guten Tag". Die gesamte Nachbarschaft scheint heute auf den Beinen und grüßt freundlich. Man kennt sich in der Siedlung, und an diesem Morgen ist das Treiben ganz besonders rege zwischen all den Ein- und Mehrfamilienhäusern.

Es gibt ein altes Gemälde von dieser Stelle, an der Bosch und Camp nun stehen. Es zeigt den gleichen Straßenzug am Haagschen Weg, und es zeigt nichts. Nur dieses eine Haus von 1764, verloren in der Landschaft. "Das war hier alles einsames Ackerland", sagt Heinz Bosch. Ein Haus, einige Nebengebäude, eine einzige Straße, die Richtung Kevelaer führte. Das war's.

Das Haus am Haagschen Weg 10 wurde vor genau 250 Jahren erbaut. Es war das erste außerhalb der städtischen Wälle, die früher mal eine Verteidigungsanlage waren und heute eine Ringstraße sind. Während die Festung Mitte des 18. Jahrhunderts abgetragen und der davor befestigte Stadtgraben zugeschüttet wurden, errichtete man aus den Trümmersteinen der Festungsanlage das Anwesen vor den Toren Gelderns. "Das war eine Art Bauernhaus, mit Scheune und einer Gastwirtschaft", weiß Heinz Bosch, der Ehrenvorsitzende des historischen Vereins für Geldern, der sich seit vielen Jahren um die Aufarbeitung der Stadtgeschichte verdient macht.

 Gisela Camp und Heinz Bosch vor dem 250 Jahre alten Haus, das heute in bebautem Gebiet steht. Das war in früheren Zeiten anders, wie rechts auf dem Gemälde zu sehen ist.

Gisela Camp und Heinz Bosch vor dem 250 Jahre alten Haus, das heute in bebautem Gebiet steht. Das war in früheren Zeiten anders, wie rechts auf dem Gemälde zu sehen ist.

Foto: Seybert

Heute stehen nur noch das Haupthaus und ein Stück der Mauer, die das Gelände einst umgab. Die Saatguthandlung, die an dieser Stelle noch bis in die 1950er Jahre Handel betrieb, zog später an den Nordwall und machte dann ganz dicht. Die Außenwände des Haupthauses, die knapp 200 Jahre lang immer wieder weiß getüncht wurden, blieben die vergangenen Jahrzehnte naturbelassen.

"Mein Schwiegervater hat das Haus noch jedes zweite Jahr weiß gestrichen", erinnert sich Hausbesitzerin Gisela Camp. Heute muss jede Veränderung genehmigt werden. Das Haus steht unter Denkmalschutz.

Gisela Camp kam 1949 an den Haagschen Weg, sie heiratete damals in die Familie Camp ein, der das Haus gehörte. Es gab ein Badezimmer im Erdgeschoss und ein Plumpsklo hinterm Haus. Ein gutes Dutzend Bewohner beherbergte das Haus nach dem Krieg. Weil das irgendwann zu eng wurde - "es war pickepackevoll", so Camp - zog das Ehepaar nach nebenan.

Denn in den 1950ern wurde die Schlossstraße angelegt, die heute noch vom Haagschen Weg abzweigt. Die Camps bauten in ihrem Garten kurzerhand ein weiteres Haus, entlang der Mauer, Schlossstraße 1.

Da wohnt Gisela Camp noch heute, beziehungsweise sie wohnt dort wieder. Zwischenzeitlich zog das Paar mit seinen drei Kindern nach Sevelen, vor 25 Jahren kam es zurück an die Schlossstraße. Das 250 Jahre alte Haus am Haagschen Weg vermietet die 89-jährige Gisela Camp. Vor kurzem ließ sie es zeitgemäß sanieren, erzählt sie. Es gibt jetzt Toiletten in beiden Stockwerken, auch eine Zentralheizung wurde installiert. "Für dir nächsten 50 Jahre ist das Haus gerüstet."

(RP)
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