Das alte Geldern erwacht zum Leben

Geldern · Eine richtige Zeitreise ist mit der aktuellen Technik zwar noch nicht möglich, doch der Historische Verein für Geldern und Umgegend hat durch seine Recherche das Nächstbeste geschafft. Und das kam so: "Alles fing damit an, dass wir für den geplanten Geschichts-Kurzfilm über die Stadt, Arbeitstitel 'Leo und das alte Geldern', Hintergrundmaterial finden wollten", erinnerte sich Peter Wagener vom Historischen Verein. "Eins unserer Mitglieder kam dann darauf, Jörg Janssen zu fragen, denn dessen Vater hatte früher immer gefilmt. In seinem Keller wurde eine alte Kiste voller Neuneinhalb-Millimeter-Filmrollen gefunden. Wir machten das Angebot, diese digitalisieren zu lassen, wenn wir sie nutzen dürfen, und hier sind wir nun."

 Alte Filme und Urgesteine Gelderns mit (v.l.) Hielke Böttinger, Christa Leukers, Jörg Janssen, Heinz Bosch und Rudi Eck.

Alte Filme und Urgesteine Gelderns mit (v.l.) Hielke Böttinger, Christa Leukers, Jörg Janssen, Heinz Bosch und Rudi Eck.

Foto: Gerhard Seybert

Hier, das war am Mittwochabend ein Raum im Lise-Meitner-Gymnasium. Der Historische Verein hatte Zeitzeugen eingeladen, "Gelderner Originale", um mit ihnen das Material durchzusehen: Heinz Bosch (88), Rudi Eck (86), Christa Leukers (85) und Hielke Böttinger (87). Als dann die Projektion begann, erschien die Schrift "PAJA Film zeigt". Nicht nur daran, sondern auch an der Art, wie die Aufnahmen gefilmt waren, merkte man, dass Paul Janssen einen guten Blick für die Materie hatte.

Der Rosenmontagszug von 1937 wurde gezeigt, die verschiedenen Akteure sowie Wagen präsentiert, immer wieder unterbrochen von Texttafeln mit Reimen und Hinweisen auf die Vereine. "Da, der Wagen, bei dem der Drache das Pferd verschlingt", Heinz Bosch deutete auf die Leinwand. "Bereits damals wurde darüber nachgedacht, Veert einzugliedern."

Der Karnevalszug 1938 war als nächstes dran. Wahre Massen an Menschen waren in der Innenstadt zu sehen, alle feierten, trugen aufwändige Kostüme, und die Wagen waren enorm. Es wirkte ganz so, als seien alle der damaligen 7000 Einwohner vor Ort gewesen. "Das ist so interessant. Was man nicht alles wiedererkennt, was man so durch die Zeit vergessen hat", freute sich Hielke Böttinger. "Es ist ganz erstaunlich, dass diese Filme nun wieder aufgetaucht sind."

Als nächstes Filmmaterial stand eine Truppenparade an. Hitlerjugend, Wehrmacht und andere legten ein Kreuz am damaligen Kriegerdenkmal nieder, das einst neben den Löwen an der Hartstraße stand. Im Anschluss sind Winterimpressionen zu sehen, wahrscheinlich eine Weihnachtsfeier bei der Familie Janssen und Kinder, die draußen spielen. "Guck mal, damals gab es noch richtig Schnee", meinte Rudi Eck erstaunt.

Aufnahmen eines Ausflugs an die Mosel, den der damals noch "Männergesangsverein Geldern 1847" genannte Chor der Drachenstadt gemacht hatte, wechselten sich mit Aufnahmen eines Schützenfestes aus den 50er Jahren und einer Karnevalsvorführung ab. Plötzlich hörte man Christa Leukers: "Oh, mein Gott, das bin ich ja ich." Eine junge Frau war zu sehen, die als Katzen-Lady auf der Bühne ein Rad schlug und mit einer Partnerin einen artistischen Auftritt ablieferte. "All die alten Gesichter, die alten Straßen. Wir waren damals ja noch ganz junge Kinder, an vieles kann ich mich nicht mehr so gut erinnern, aber als ich die Bilder sah, da kam vieles wieder." Bezogen auf ihren Karnevalsauftritt meinte sie zurückhaltend: "Ich wusste gar nicht mehr, dass das damals jemand gefilmt hat."

Für das erste Quartal 2018 ist eine große, kommentierte Präsentation der gefundenen Werke geplant. Für diesen Zweck wurde der Abend auch aufgezeichnet.

Bei der anschließenden Unterhaltung mit den "Gelderner Originalen" stellte sich heraus, dass vielleicht sogar noch mehr Aufnahmen auf ihre Entdeckung warten. Mehr Erinnerungen an eine Zeit, die so weit zurück liegt, aber dank der Filme immer wieder lebendig werden kann.

(cnk)
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