Nachhaltigkeit ist ein großes Thema Darum brauchen Kommunen Ökopunkte

Issum · Wenn Städte bauen, müssen sie für „grünen Ersatz“ sorgen. Nicht immer kann das selbst geleistet werden. Dafür gibt es „Ökokonten“.

 So eine Streuobstwiese bringt einiges an Ökopunkten.

So eine Streuobstwiese bringt einiges an Ökopunkten.

Foto: Stadt Willich

Die Gemeinde Issum hat für den Kauf von Ökopunkten 120.000 Euro in den Haushalt gestellt. Nicht nur die Altbiergemeinde muss sehen, wie sie selbst Ausgleichsmaßnahmen schafft oder andernfalls eben anders ausgleicht. In Geldern gibt es zum Beispiel die Streuobstwiesen der Stadtwerke Geldern. Aber wie funktioniert das Ganze? Was kostet es? Und was passiert mit den „Öko-Flächen“ in der Zukunft. Der Kreis Kleve hat dazu einiges zusammengestellt.

Was sind Ökopunkte? Eingriffe in Natur und Landschaft, die nicht vermieden werden können, sind kompensationspflichtig. Mit Einführung der Eingriffsregelung in das Landschaftsgesetz (LG) Nordrhein-Westfalen im Jahr 1981 wurden Standards und Verfahren zur Ermittlung und Bewertung von Eingriff und Kompensation entwickelt. Platt gesagt: Verschwindet irgendwo Grün wegen einer Baumaßnahme, muss es irgendwo wieder angepflanzt werden. Im konkreten Fall möchte die Gemeinde Issum auf einem Grundstück in Sevelen, das bisher eine grüne Wiese war, das neue Feuerwehrgerätehaus bauen. „Weil viel Fläche versiegelt wird, sind Ausgleichsmaßnahmen nötig“, erklärt Jürgen Happe von der Gemeinde Issum. Zum Teil können Ausgleichsmaßnahmen auf dem Grundstück selber stattfinden, zum Beispiel durch Pflanzung einer Hecke, aber eben nicht alle. Dann kommen die Ökopunkte ins Spiel. Ausgeglichen wird auf einer anderen Fläche. Im Issumer Fall erfolgt die externe Kompensation auf dem „Ökokonto Heidemann“.

Wie werden Ökopunkte berechnet? Die ökologische Bewertung einer Fläche erfolgt in der Regel anhand einer Zehner-Skala. Die ist landesweit einheitlich und für die Besonderheiten des Kreises Kleve modifiziert. Jeder Biotoptyp erhält darauf einen Wert von 0 (vollversiegelte Fläche) bis 10 für Feuchtgrünland, Bruchwälder, naturnahe Gewässer und ähnliches. Eine Acker­fläche wird mit zwei Punkten bewertet, eine alte Obstwiese mit neun. Durch die Gegenüberstellung von Bestand und Planung ergibt sich bei Eingriffen der Umfang der ökologischen Beeinträchtigung, die ausgeglichen werden muss. Beim Sevelener Gerätehaus-Bau werden 16.000 Ökopunkte fällig, rechnet Happe vor. Das Ökokonto Heidemann, eine Streuobstwiese, bietet sogar 30.000 Ökopunkte. Die könne man für weitere anstehende Maßnahmen nutzen, etwa den Bau einer neuen Turnhalle in Sevelen, erklärt Happe. Auch da wird wieder Fläche versiegelt, die ausgeglichen werden muss.

Was kostet ein Ökopunkt? Wenn Issum 120.000 Euro für 30.000 Ökopunkte ausgibt, dann liegt der Preis bei vier Euro pro Ökopunkt. In der Issumer Politik entbrannte eine kurze Diskussion, ob das angemessen sei. Man habe gehört, die Stadtwerke Geldern würden Ökopunkte günstiger anbieten. 1,50 Euro plus Mehrwertsteuer, bestätigt Claus van Vorst von den Stadtwerken Geldern auf Anfrage. Bisher habe man aber nicht an Dritte verkauft, denn auch die Stadt Geldern muss ihren Bedarf an Ökopunkten für ihre Baumaßnahmen decken. Unter anderem haben die Stadtwerke eine Streuobstwiese unmittelbar am Wasserwerk angelegt. Happe machte deutlich, dass vier Euro pro Ökopunkt durchaus angemessen seien. Der Zugewinn bestehe außerdem darin, dass das „Ökokonto Heidemann“ im Gemeindegebiet liege.

Wie lange muss eine Ökopunkt-Fläche erhalten bleiben? Verfallen irgendwann die Ökopunkte, etwa wenn aus einer Streuobstwiese Bauland wird? Die Ökokontoflächen sind dauerhaft entsprechend der jeweiligen Vorgaben zu erhalten und zu pflegen. Eine Überplanung ist grundsätzlich erst einmal nicht zulässig. Sollte dennoch ein Bauvorhaben oder ähnliches auf der „Öko-Fläche“ umgesetzt werden, dann ist wieder ein entsprechender, gegebenenfalls sogar erhöhter, Ausgleich zu schaffen.

Wer hat den Überblick? Der Kreis Kleve führt ein Kompensationsflächenkataster, in dem alle Kompensationsmaßnahmen mit Ausnahme von Kleinstflächen unter 500 Quadratmetern und alle Flächen im selben Bebauungsplan dargestellt werden.

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