Geldern Bewährung für "Schläger"

Geldern · Ende eines Disco-Abends: Ein Issumer provoziert mit Freunden vorm Buletten-Bräter ein paar Männer. Die flüchten, werden verfolgt, zusammengeschlagen und -getreten. Seit gestern ist der Haupttäter wieder auf freiem Fuß.

Richter Christian Henckel redet nicht lange um den heißen Brei herum, als er auf die Taten des Angeklagten zu sprechen kommt: "Herr S., Sie sind ein Schläger, oder?", fragt er ihn. Dieser zögert, antwortet: "Das war so."

In der Verhandlung im Saal 122 des Landgerichts in Kleve geht es um die Frage, ob ein 22-Jähriger für seine Taten ins Gefängnis muss, oder ob seine Strafe auf Bewährung ausgesetzt wird. Der junge Erwachsene aus Issum ist im März vergangenen Jahres mit zwei Freunden nach einem Diskobesuch im E-dry in Geldern noch zu einem Schnellrestaurant gefahren.

Auf dessen Parkplatz provozieren sie dann eine Gruppe von drei Personen, die sich schließlich mit Fahrrädern entfernt. S. fährt samt seiner Mittäter mit dem Auto hinterher. Als diese sich trennen, beschließen sie, dem späteren Opfer zu folgen. Sie stellen es, prügeln und treten auf es ein, als es schon auf dem Boden liegt. Drei Tage lang musste der Geschädigte anschließend stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Grund genug für das Jugendschöffengericht Geldern, den Issumer im Oktober zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung zu verurteilen. Zumal eine Vorstrafe mit eingerechnet werden musste. In der Revisionsverhandlung zeigt sich S. reumütig. "Ich habe mich schriftlich bei dem Opfer entschuldigt", sagt er. In dem Schreiben, das vor Gericht verlesen wird, betont er, dass er unter Alkoholeinfluss nicht Herr seiner Sinne sei und eingesehen habe, dass sich etwas ändern müsse.

Dass sich etwas ändern muss, betonte auch Richter Henckel. Er nennt die Vorstrafen des Angeklagten: Erst habe S. viele Körpeverletzungen begangen, dann als Konsequenz eine Jugendstrafe auf Bewährung bekommen — um direkt darauf sich wieder wegen Körperverletzungen strafbar zu machen. "Wieso sollen wir Ihnen jetzt glauben?", fragt der Richter.

"Ich habe mich grundlegend geändert", beteuert der Angeklagte. Er habe eine handwerkliche Ausbildung begonnen, mittlerweile einen festen Wohnsitz und dem Alkohol abgeschworen. "Ich trinke nichts mehr, nicht einmal mehr ein Bier", beteuert er. Auch habe er mittlerweile acht Sitzungen in einer Beratungsstelle besucht. Eine Alkoholabhängigkeit ist bei ihm aber nicht festgestellt worden. Halt in seinem Leben gebe ihm eine neue Beziehung. "Das möchte ich nicht wieder missen", sagt der Täter.

Der Bewährungshelfer, der S. seit 2010 betreut, bestätigt diese Aussagen: "Während es am Anfang nicht gut lief, hat er sich im Sommer vergangenen Jahres grundlegend geändert. S. scheint kapiert zu haben, wo es für ihn lang gehen muss."

Das Gericht entscheidet, dass die Freiheitsstrafe auf ein Jahr reduziert und zur Bewährung ausgesprochen wird. Diese soll drei Jahre dauern. Die Schritte des Angeklagten führten in die richtige Richtung, eine Haftstrafe würde dem nicht zugute kommen.

"Wir hoffen, dass das nicht alles Show ist. Sollte wieder etwas passieren, geht es lange in den Knast", gibt Richter Henckel dem Verurteilten mit auf den Weg, als dieser den Gerichtssaal verlässt.

(RP/rl)
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