Geldern Auf Spritztour mit Krankenfahrstühlen

Geldern · Der Gelderner Egon Jansen und Siegfried Benecke lieben Ausfahrten mit ihren Duos. Die ehemaligen Versehrtenfahrzeuge stammen aus der Ex-DDR. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 60 Stundenkilometern.

Den Zündschlüssel drehen, und in den Geruch von Benzin mischt sich das knatternde Geräusch eines Mopeds. Aber auch bei schlechtem Wetter schützt das Dach den Fahrer des dreirädrigen Duos. "Gebaut wurden die im Osten als Krankenfahrstuhl", erklärt Siegfried Benecke.

Er hat seine Fahrt von Alpen nach Geldern bereits hinter sich. Dort trifft er sich mit Egon Jansen. Auch er ist großer Duo-Fan. Jahrelang ist er mit dem motorisierten Versehrtenfahrzeug aus der ehemaligen DDR zur Arbeit nach Wesel gefahren. "Im Sommer wie im Winter", sagt der 63-Jährige stolz. Im Winter sorgte eine Kniedecke dafür, dass er auch bei minus zehn Grad nicht fror. Ansonsten musste noch eine Wolldecke her.

Zu tun haben die Beine nichts während der Fahrt. Die Krankenfahrstühle waren für Menschen mit Gehbehinderung gedacht und haben eine Halbautomatik. Das heißt, es gibt keine Kupplung. "Einfach Gas wegnehmen, in den nächsten Gang schalten, und weiter geht's", erklärt Benecke die Technik. Ein Lenkrad gibt es nicht, dafür einen Lenker. "Das kommt von der Schwalbe, vom Moped", erklärt Jansen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 60 Stundenkilometer. Zum Fahren reicht ein Moped-Führerschein.

Weder Jansen noch Benecke bräuchten so ein Fahrzeug aus gesundheitlichen Gründen. "Es ist einfach Fahrspaß pur", sagt Benecke, und wer dem 71-Jährigen dabei ins Gesicht sieht, weiß, dass er meint, was er sagt. Zu seiner ersten Duo sei er "wie die Jungfrau zum Kinde gekommen". Bei einem Oldtimer-Kollegen hat er das Fahrzeug in einem "nicht allzu schönen Zustand" stehen sehen. Es sollte aber noch zwei Jahre dauern, bis er es bekam. Der gelernte Schreiner tauschte den Siebdruckboden gegen Holz aus. "Sonst ist alles im Originalzustand", betont der Oldtimerfreund.

Anders ist es bei Jansen. Er liebt es, an seinem Duo herumzuschrauben. Seine 50-Kubikzentimeter-Maschine ist Baujahr 1975. Mittlerweile hat der Gelderner feste Türen installiert. Im Original ist das Duo an den Seiten offen. Im Inneren dudelt ein Radio ein Lied von den Scorpions, und auf dem Armaturenbrett liegen Ohrenstöpsel. Die benutzt er, wenn der Motor ihm zu laut knattert, bei längeren Fahrten zum Beispiel. "Es ist eine Gewöhnungsfrage", sagt Benecke. "Es ist nicht so ein Fahrkomfort wie bei einem normalen Pkw." Verzichten möchte er dennoch nicht auf sein Gefährt. Bei ihren Ausflugsfahrten ziehen die Duo-Freunde viele Blicke auf sich. Sparsam ist das Gefährt auch. Es fährt mit einem 1:50-Gemisch. "Mit zehn Litern kommen wir 300 Kilometer weit", sagt der Besitzer.

Angebote zum Verkaufen bekommt Benecke regelmäßig. "Aber wenn ich das machen würde, bekäme ich auch großen Ärger mit meiner Frau", sagt er und lacht. Dann startet er den Motor, und der Boden unter den Füßen vibriert.

(bimo)
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