Andy Brings in Geldern Mut zum Anderssein

Geldern · Für Rockmusiker Andy Brings schien ein Traum wahr zu werden, als er mit der Band „Sodom“ um die Welt tourte – doch dann wurde er rausgeschmissen. Jetzt macht er Schülern in Geldern Mut für die Berufswahl.

 Filmemacher und Musiker Andy Brings hat den FSG-Schülern des Kurses Sozialwissenschaften von seinem Leben erzählt.

Filmemacher und Musiker Andy Brings hat den FSG-Schülern des Kurses Sozialwissenschaften von seinem Leben erzählt.

Foto: Klaus-Dieter Stade (kds)/Stade, Klaus-Dieter (kds)

Es gab mal eine Zeit in Andy Brings’ Leben, in der er Lehramt studiert hat. Es waren nur wenige Monate und schnell war ihm klar, dass unterrichten nicht das ist, was er machen möchte. Denn seine Leidenschaft, das war immer die Musik. Dennoch sitzt er heute immer wieder mit Schülern im Klassenraum, so wie am Friedrich-Spee-Gymnasium in Geldern. Lehrer Stefan van Wickern hat den Rockmusiker eingeladen, damit er von seinem Leben erzählt. „Es ist ganz erstaunlich“, sagt Andy Brings, der sich mit allen duzt. „Ich werde jetzt aus denselben Gründen zu Schulen eingeladen, für die ich früher rausgeworfen wurde.“

Denn ein bisschen anders war Andy Brings schon immer. Geboren wurde er 1971 in Mülheim an der Ruhr. Mit zwei Jahren stand er mit der Gitarre im Wohnzimmer, wusste nicht, wie man das Instrument mit den sechs Saiten spielt, aber wie man sie hält. Die Eltern haben den Plattenspieler immer höher gestellt, Andy kletterte unermüdlich am Regal hoch. „Die haben zwar Udo Jürgens statt Deep Purple gehört, aber seit ich denken kann, war Musik alles für mich.“

In den 80er Jahren, so erzählt es Brings den Jugendlichen, habe er nicht mehr nur das gehört, was im Fernsehen und Radio lief, sondern einen eigenen Musikgeschmack entwickelt. All sein Taschengeld ging für Platten drauf. Er fing an, Briefe an seine großen Idole zu schreiben. Das Porto kratzte er zusammen, wartete wochenlang auf Antworten.

Und natürlich machte er auch selbst Musik – die war ihm wichtiger als seine schulische Karriere. „Ich habe trotzdem mein Abitur geschafft. Damit hat keiner gerechnet“, sagt Brings. Nach schwierigen Schuljahren nahm er die Motivation schlussendlich aus einer Wette mit einem Freund. Wer als erster schwänzt, musste den anderen zuhause abholen, die Tasche tragen, das Essen bezahlen. Am Ende, sagt Brings, sei es einfacher gewesen, zur Schule zu gehen, als sich Ausreden auszudenken.

1991, in seinem letzten Schuljahr, stieg Brings bei der international bekannten Trash-Metal-Band „Sodom“ ein. Für den jungen Gitarristen ging ein Traum in Erfüllung. Sein Glück währte jedoch nur wenige Jahre. 1994 wurde er von den Bandkollegen wegen interner Streitereien rausgeschmissen. „Mein Leben lag wirklich in Trümmern“, sagt er rückblickend. „Ich musste mich komplett neu erfinden, das hat Jahre gedauert.“

Über seine Erfahrungen in der Musikwelt hat Andy Brings die Dokumentation „Full Circle – Last Exit Rock ’n’ Roll“ gedreht. Höhepunkte der Dreharbeiten waren die Treffen seiner Helden: Mit seiner aktuellen Band „Double Crush Syndrome“ durfte Brings die US-Band „Skid Row“ auf Europa-Tour begleiten. Und er traf Superstar Gene Simmons, den Chef der legendären Gruppe „Kiss“. Den Film hatten auch die Mädchen und Jungen am FSG geschaut, bevor sie Andy Brings ihre Fragen stellten.

„Mein Ansatz war, einen Film zu machen, den ich selbst mit 18 gern gesehen hätte“, sagt Andy Brings. „Die Moral ist: aufstehen und weiter machen. Jeder muss für sich seinen Weg finden und gehen.“ Und das ist es auch, was er den Jungen und Mädchen aus Geldern mit auf den Weg geben möchte. Sie stehen kurz vor dem Abitur und viele wissen noch nicht genau, wie es danach für sie weitergeht.

„Das ist doch super, ihr habt unendlich viele Möglichkeiten“, sagt der Musiker. „Und wenn ihr eine Ahnung davon habt, was ihr mit eurem Leben machen wollt, lasst euch von niemandem beirren.“ Außerdem sei die Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium nicht immer auch eine fürs Leben. „Es eröffnen sich im Laufe der Jahre noch so viele Möglichkeiten, an die ihr heute noch gar nicht denkt“, sagt Brings

Das Wichtigste sei, sich selbst treu zu bleiben. Nur wer einen Beruf aus den richtigen Gründen ergreift, sagt Brings, könne etwas Wertvolles schaffen – egal ob man Rechtsanwalt, Lehrer oder eben Musiker wird.

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