Urteil Vergewaltigungsprozess: Haft auch für Tat im Neandertal

ESSEN/ERKRATH · Mit Haftstrafen von bis zu sechs Jahren und drei Monaten fiel am Essener Landgericht das Urteil gegen fünf junge Männer, die 16-Jährige Schülerinnen sexuell genötigt und vergewaltigt haben sollen.

Eine der Taten hatte im Neandertal stattgefunden.

Joshua E. legte gleich zu Anfang des Prozesses ein Geständnis ab. Dazu gehörte auch die perfide Tat irgendwo im Neandertal bei Erkrath. Der 20-Jährige Joshua wusste noch, dass diese Geschichte anders abgelaufen sein soll als die anderen Übergriffe. Man hatte sich in Gelsenkirchen verabredet und es war auch nicht so, dass das 16-Jährige Opfer den Jungen, der sie zu dem Ausflug überredet hatte, nicht gekannt habe. Vielleicht fand sie ihn nett, möglicherweise erhoffte sie sich mehr von der Begegnung. Jedenfalls hatte sie sich arglos auf den Beifahrersitz gesetzt und was dann geschah, endete für die Jugendliche in einem Alptraum. Irgendwo auf dem Weg von Gelsenkirchen nach Erkrath waren vier andere Jungs ins Auto gestiegen. Gemeinsam fuhr man zur Tankstelle, um Schnaps und Zigaretten zu kaufen. Irgendwann war klar: Die Jungs wollten Sex.

Das Mädchen sei dann aus dem Auto ausgestiegen, in den dunklen Wald hinein gegangen und habe „richtig geweint“. Das sei bei den anderen Mädchen anders gewesen, so Joshua E., der nicht versäumte zu erwähnen, dass ihm einige der Mädchen gesagt hätten, das er hübsch sei und schöne Wimpern habe. Falsch angefasst habe er sie angeblich nie.

An diesem Abend im Neandertal sei jedenfalls der 17-Jährige „Boss“ dem verängstigten und weinenden Mädchen nachgegangen und habe später seinen Kumpels gesagt, dass die Schülerin eine Freundin anrufen werde, mit der man Sex haben könne. „Er hat gesagt, sie besorgt uns eine andere, wenn wir sie in Ruhe lassen“, so Joshua E. bei seiner Aussage vor dem Essener Landgericht.

Die daraufhin angerufene Freundin hatte anfangs an einen Scherz geglaubt, als die Truppe bei ihr aufgetaucht sei und sie sich zu den Jungs ins Auto gesetzt habe. Die hätten ihr dann aber gesagt, dass sie erst gehen könne, wenn sie mit allen Sex gehabt habe. Die Freundin, die vom Neandertal aus bei ihr angerufen hatte, wurde wegen Beihilfe zur Vergewaltigung angeklagt.

Das „Strickmuster“ aller angeklagten Vergewaltigungen lief immer gleich. Die fünf Jungs - fast alle aus Sinti-Familien aus Gelsenkirchen, Essen und Wuppertal - hatten eine WhatsApp-Gruppe gegründet, in der sie die Taten miteinander verabredet und die Mädchen später verhöhnt haben sollen. Man wolle ein Spiel spielen, sie sollten sich einfach mal ausziehen und wenn sie nicht mitmachen, würde man sie ohne Handy nachts im Wald aussetzen. Zuweilen sollen auch Schläge angedroht worden sein. Nach den Vergewaltigungen bekamen die Opfer ihr Handy zurück und wurden nach Hause gefahren.

Der Prozess hatte im Juli begonnen, die Zeugenvernehmungen fanden ebenso wie die Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.. Die Angeklagten hatten sich zuvor im Prozessverlauf gegenseitig beschuldigt und von einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte für die fünf Angeklagten im Alter von 17 bis 24 Jahren hohe Jugend- und Haftstrafen  beantragt. Angeklagt waren Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in sieben Fällen, die Dunkelziffer könne laut Ermittlern allerdings noch höher liegen.

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