Unterstützung Arbeit hilft jungen Straftätern weiter

Erkrath · Bei einem Projekt des Vereins „Neue Wege“ leisten straffällig gewordene Jugendliche ihre Sozialstunden im Naturschutzzentrum Bruchhausen. Eine der Hauptaufgaben ist zu dieser Jahreszeit der Baumschnitt.

 Manfred Cserni, Jugendgerichtshelfer, betreut Jugendliche, die im Naturschutzzentrum Bruchhausen Weiden schneiden.

Manfred Cserni, Jugendgerichtshelfer, betreut Jugendliche, die im Naturschutzzentrum Bruchhausen Weiden schneiden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der 15-Jährige hockt auf dem hohen Baumstumpf einer Weide, mit einer Axt bearbeitet er einen kräftigen Ast, Schweiß rinnt ihm über die Stirn. „Boah, ist das anstrengend“, sagt er zu einem anderen Jugendlichen und zieht seine Kappe zum Schutz vor der kräftigen Oktobersonne ein wenig tiefer ins Gesicht, „gleich bist du dran.“

Die beiden Jungs sind zwei von insgesamt 25 Teilnehmern, die in dieser Woche am Naturschutzzentrum Bruchhausen Landschaftspflege im weitesten Sinne betreiben. Dazu gehört der Rückschnitt der Bäume, ein Stallgebäude soll gestrichen und Tiere versorgt werden. „Das sieht doch schon mal gut aus“, lobt der Jugendgerichtshelfer der Stadt Wülfrath, Richard Strack, die beiden Jugendlichen, „weiter so.“

Alle anwesenden Jugendlichen sind in irgendeiner Form straffällig geworden. Je nach Deliktschwere sind sie zu unterschiedlich vielen Sozialstunden „verurteilt worden“: Bei T. sind es 120, bei E. gerade mal 20. „Ich bin unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung angezeigt worden, weil ich im Februar beim Karnevalsumzug spaßhalber die Kamelle wieder zurückgeschmissen habe“, erzählt E. einem anderen und grinst, „ich dachte ich sehe nicht richtig, als ich das in der Anzeige gelesen habe.“

Manfred Cszerni, Gerichtshelfer der Stadt Mettmann, verfolgt das Gespräch. „Na ja, es ist ja auch nicht erlaubt und da kam ja dann auch noch anderes hinzu.“ Der 16-Jährige nickt kleinlaut. „Okay, ich hab dann noch die Polzeibeamten beleidigt und als sie mich festhalten wollten, habe ich mich gewehrt. Ich seh ja auch echt ein, dass ich Mist gebaut habe. Und ich bin auch froh, dass die mir nur so wenige Sozialstunden aufgebrummt haben, weil ich eben das erste Mal auffällig geworden bin. Beim nächsten Mal gibt’s eine Verhandlung, also wenn nochmal was ist.“

Auch der 15-Jährige, der jetzt geschafft von der Weide klettert, erkennt an, dass das, was er hier gerade tut, nämlich hart arbeiten ohne Entgelt, nur gerecht ist. „Jau, ich hab jemanden zusammengeschlagen, klar ist das richtig, dass ich dafür büßen muss und ich arbeite auch in anderen Maßnahmen an meinem Problem, nämlich dass ich ziemlich schnell ziemlich aggressiv werde, wenn mir jemand quer kommt.“

An diesem sonnigen Oktobertag inmitten idyllischer Natur ist von Gewaltpotenzial nichts zu spüren. Klar, die Teilnehmer hauen sich gegenseitig schon mal ein paar Sprüche um die Ohren, zeigen sich aber großenteils motiviert, erklärt Richard Strack.

„Für uns ist wichtig, dass sie hier regelmäßig teilnehmen und wichtige Werte erfahren wie kooperatives Handeln, Anordnungen befolgen, keine Gewalt anwenden. Jugendstrafmaßnahmen haben einen Erziehungsauftrag, wir nehmen das sehr ernst und versuchen, zu jedem einzelnen eine Beziehung aufzubauen.“

T., der 16-Jährige mit den 120 Sozialstunden, hat am Tag zuvor die Tiere im Stall versorgt. „Das hat richtig Spaß gemacht. Bislang hatte ich überhaupt keine Idee, was aus mir werden soll, aber ich glaube, später etwas mit Tieren zu machen, das fände ich einfach toll.“

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